Tafel 9-11 und 13 der Bildtafelausstellung  „Fernmeldetruppen – Gestern und heute“

Nach Vorstellung der Bildtafel zur Aufstellung der preuß. Telegraphentruppe (1899) wird die Serie zu o.a. Bildtafelausstellung mit der Vorstellung der Bildtafeln zum Aufbau der preuß. und bayr. Telegraphentruppe (1899 – 1913) fortgesetzt.  

Oberst a.D. Peter Uffelmann

Auf Grundlage der „Allerhöchsten Kabinets-Ordre“ (AKO) vom 25. März 1899 – unterzeichnet von Kaiser Wilhelm II. – begann ab 1. Oktober 1899 die Aufstellung der ersten drei Telegraphenbataillone unter Ausgliederung der  „Feldtelegraphie-Detachments“ aus den 4. Kompanien aller 20 preuß. Pionierbataillone und Auflösung der 5./Garde-Pionierbataillon sowie ihrer Zusammenfassung in den drei Telegraphenbataillonen.
So wurde Telegraphenbataillon Nr. 1 in Berlin im Kern aus der 5./Garde-Pionierbataillon aufgestellt, Telegraphenbataillon Nr. 2 in Frankfurt/Oder dagegen aus den „Feldtelegraphie-Detachments“ von 10 Pionierbataillonen (Nr. 1 – 6, 9, 10, 17 und 18) und Telegraphenbataillon Nr. 3 in Koblenz aus den „Feldtelegraphie-Detachments“ weiterer 10 Pionierbataillone (Nr. 7, 8, 11 – 16, 19 und 20). 

Wache von Telegraphenbataillon Nr. 2 präsentiert mit Seitengewehr statt Karabiner

Bei Aufstellungsbeginn gab es anfängliche Schwierigkeiten bei Unterbringung/-kunft, Ausrüstung, Waffen und Bekleidung: Bei Telegraphenbataillon Nr. 2 in Frankfurt/Oder konnten z.B. zunächst nur zwei der drei Kompanien in einer Kaserne mituntergebracht werden, für die dritte mussten ein Wohnhaus angemietet sowie Baracken aufgestellt werden, Gewehre wurden erst im Januar 1900 geliefert und die deshalb zunächst für den Wachdienst genutzten Seitengewehre mussten bei anderen Truppenteilen ausgeliehen werden (siehe Tafel 11).

An Bekleidung war zunächst nur vorhanden, was bei Versetzung aus den Pionierbataillonen getragen worden war: Trotz der Eigenständigkeit der Telegraphentruppe ähnelte deshalb ihre Uniform noch weitgehend derjenigen der Pioniere und nur die Abzeichen – Rot mit gelben Blitzbündel, darunter römische Bataillons-Nr. – wiesen auf die neue Truppengattung hin. Erst ab 1911 erhielt die Telegraphentruppe hellgraue Schulterklappen mit orangefarbenem „T“ und darunter arabischer Bataillons-Nr. sowie zu den Felduniformen hellgraue Vorstöße – statt der bisherigen roten – um die Schulterklappen bzw. -stücke. 

Schulterklappen/-stücke der Telegraphentruppe (1899 – 1911 und 1911 – 1914)

Nach einigen vorbereitenden kleinen Übungen 

Zeltstation bei einer Kasernenübung

fand schon im Frühjahr 1900 im Verbund der drei Telegraphenbataillone die erste große Telegraphenübung in Lothringen statt. Während dieser Übung kam der Befehl zur Aufstellung eines Telegraphen-Detachements für die Führung des nach China entsandten Ostasiatischen Expeditionskorps (siehe Tafel 15).
Auch bereits am Kaisermanöver im September 1900 nahmen erstmalig zwei aus den Telegraphen-Bataillonen Nr. 1 und 2 gebildete Korps-Telegraphenabteilungen (siehe Tafel 13), ein Heliographen-Detachement des Eisenbahn-Regiments sowie zwei bei der Luftschifferabteilung gebaute Ballon-Funkstationen teil (siehe Tafel 14 und 16). Für diese beiden letzteren, neuen Kommunikationsmittel – die Blink- und Funktechnik – lehnte aber die Inspektion der Telegraphentruppen jegliche Zuständigkeit ab, weshalb sich damit die Eisenbahn- und die Luftschiffertruppen beschäftigten, was ab 1. Oktober 1902 zur Aufstellung einer „Funken-Telegraphenabteilung“ beim Luftschiffer-Bataillon führte.

Schon im Juni 1902 fand bei Koblenz eine zweite große Telegraphenübung aller drei Telegraphenbataillone statt, die das Zusammenwirken der Telegraphenverbände einer Belagerungsarmee bei Einschließung einer Fort-Festung darstellen sowie viele Organisations-, Geräte- und Betriebsfragen klären sollte.

Mit der Neufassung der „Dienstvorschrift für die Korps-Telegraphen-Abteilungen mit zweispännigen Fahrzeugen (K.Tel.A.)“ vom 1. Dezember 1902 wurden u.a. auch die Hauptaufgaben der Militär- und Reichs-/Staatstelegraphie nach „Zonen“ festgelegt: Während die „Reichs-/Staatstelegraphie“ u.a. im Aufmarschgebiet (1. Zone) wichtige Telegraphenlinien und -stationen ausbauen sowie neue anlegen,  und die „Etappentelegraphie“ in einer 2. Zone den Anschluß der rückwärtigen Endstationen der Armee-Telegraphen-Abteilung mit den Reichs-Telegraphenlinien aufrechterhalten sollte, war die „Feldtelegraphie“ in einer 3. Zone mit den fünf Armee-Telegraphen-Abteilungen für den telegraphischen Anschluß der Armee-Oberkommandos und des Großen Hauptquartiers an die Etappen-Telegraphenlinien sowie mit den 20 Korps-Telegraphen-Abteilungen für die Telegraphenverbindungen zu den Armee-Oberkommandos oder zu einer bestehenden Feld-Dauerlinie der Etappentelegraphie zuständig. In einer 4. Zone vorwärts und zwischen Divisionsgefechtsständen hatte die „Kavallerietelegraphie“ mit „Telegraphenpatrouillen“ die telegraphischen Verbindungen zwischen vorgeschobenen Abteilungen der Kavallerie und den rückwärtigen Kommandostellen oder zwischen letzteren und den nächsten Feld-Telegraphen-Stationen herzustellen. 
Darüber hinaus hatten die Korps-Telegraphen-Abteilungen noch die Nebenaufgabe, ggf. auch Telegraphenverbindungen von den Korps- zu den Divisionsgefechtsständen herzustellen und zu betreiben. 
Reichs-/Staats- und Etappentelegraphie wurden demnach gemäß dem heutigen Grundsatz bei Verbindungen „von oben nach unten“ eingesetzt, während der Einsatz der Feldtelegraphie mit den Armee- sowie Korps-Telegraphen-Abteilungen grundsätzlich genau umgekehrt „von unten nach oben“ erfolgte und nur die Korps-Telegraphen-Abteilungen ggf. auch Divisionsgefechtsstände anschlossen.

Einsatzbereiche sowie Aufgaben der Militär- und Reichs-/Staatstelegraphie

Die kompaniestarken Korps-Telegraphen-Abteilungen wurden dazu bei Mobilmachung aus den Kompanien der Telegraphenbataillone gebildet und waren in vier Telegraphenzüge sowie einen Train zum Materialtransport gegliedert. Jeder Zug verfügte über 21,6 km Feldkabel, 20 km dünnen Leitungs- und 1 km Stahldraht zum Bau von Telegraphenlinien sowie über jeweils drei Feld-Telegraphen- und Patrouillenapparate und drei sogenannte „Kopftelephone“, d.h. Kopfhörer für „Summerbetrieb“. Für den Bau der 21,6 km Feldkabel wurden je nach Bauart (Tief-/Hochbau) fünf bis 20 Stunden benötigt.


Zwischenzeitlich war auch in Bayern das Personal im Feldtelegraphendienst aus den zwei bayerischen Pionierbataillonen herausgelöst sowie ab 1. Oktober 1901 in einer selbstständigen Telegraphenkompanie und mit der Militär-Telegraphenschule unter Umbenennung in Kavallerie-Telegraphenschule zusammengefasst worden.

Mit Inkraftsetzung des Mobilmachungsplanes 1902/03 hatten die bestehenden drei Telegraphenbataillone nun im Kriegsfall bereits jeweils acht Armee-Telegraphenabteilungen und Etappen-Telegraphendirektionen für die 1. – 8. Armee, 24 Korps-Telegraphenabteilungen für Gardekorps, I. – XIX. und XXII. Preuß. Armeekorps sowie I. – III. Bayr. Armeekorps und zudem drei Telegraphenkompanien für das Besatzungsheer als Ersatz-Kompanien aufzustellen.

Ab 1. April 1904 wurden die bisher zu den Train-Bataillonen gehörenden Bespannungsabteilungen in die Struktur der Telegraphen-Bataillone eingeordnet. 

Zum 1. Mai 1905 wurde die kompaniestarke „Funken-Telegraphenabteilung“ des Luftschiffer-Bataillons mit einer stationären Kasernen-Funkstation und fünf fahrbaren Ballonstationen (siehe Tafel 14 und 16) dem Telegraphen-Bataillon Nr. 1 zugeordnet. Im Laufe des Jahres 1906 warf dann die damit der Telegraphentruppe neu zugewiesene Funkentelegraphie ihre Schatten voraus: In der Offizierweiterbildung wurde die Funktechnik bereits behandelt und für die z.B. bei Telegraphenbataillon Nr. 3 in Koblenz geplante „Funken-Telegraphenabteilung“ wurden im Laufe des Jahres 1907 mit überraschender Geschwindigkeit ein Werkstattgebäude mit Funkerturm, ein neues Stallgebäude und ein neues Stockwerk mit Hörsälen errichtet.

Abb. links: Funkerturm von Telegraphenbataillon Nr. 3 in Koblenz


Im Frühjahr 1906 forderte der Chef des Generalstabes in einem Schreiben an das Kriegsministerium den schnelleren Ausbau der militärischen Nachrichtenorganisation, um „…. die Ausnutzung des Funkentelegraphen, des Feldsignalgeräts und des Gefechtsfernsprechers im Felde in einem ihrer hohen Bedeutung entsprechendem Umfange sicherzustellen.“

Nach bereits beim Kaisermanöver in 1905 durchgeführten Versuchen mit einer „reinen“ Korps-Fernsprechabteilung wurden deshalb ab Sommer 1906 derartige „Abteilungen“ in Zugstärke aus im Mobilmachungsfall kommandierten Infanteristen für die Fernsprechverbindungen von den Korps- zu den Divisionsgefechtsständen ausgeplant. Da aber auch danach noch immer unterschiedliche Auffassungen zum Einsatz dieser Fernsprechabteilungen bestanden, wurde während des Kaisermanövers 1908 ein diesbezüglicher Großversuch durchgeführt, der zu allerbesten Ergebnissen führte.

Zum 1. Oktober 1907 war inzwischen die erste grundlegende Strukturänderung der Telegraphentruppe mit Aufstellung des Telegraphen-Bataillons Nr. 4 in Karlsruhe und Umbenennung der bisherigen Inspektion der Telegraphentruppen in „Inspektion der Feldtelegraphie“ sowie Bildung von zwei Inspektionen der Telegraphentruppen in Berlin und Karlsruhe in Kraft getreten. Außerdem wurden auch bei den Telegraphen-Bataillonen Nr. 2 – 4 „Funken-Telegraphenabteilungen“ aufgestellt, welche zum 1. April 1908 bei allen Telegraphen-Bataillonen als 4. („Funken“-)Kompanien etatisiert wurden.
Zur Aufstellung des Telegraphen-Bataillons Nr. 4 in Karlsruhe hatte z.B. Telegraphenbataillon Nr. 3 in Koblenz seine 3. Kompanie geschlossen abzugeben und musste die 3. Kompanie neu aufstellen. Als Übungsgerät dienten der „Funken-Telegraphenabteilung“ von Telegraphenbataillon Nr. 3 zunächst zwei alte Ballonstationen von Telegraphenbataillon Nr. 1 aus Berlin sowie ab 1908 zwei weitere von Telegraphenbataillon Nr. 2 aus Frankfurt/Oder. Die feste Funkstation in Koblenz wurde auf dem Werkstattgebäude mit Truppenmitteln selbst ausgebaut.

In Bayern war zwischenzeitlich ab 1. Oktober 1906 ein „Telegraphen-Detachement“ mit zwei Kompanien und der Kavallerie-Telegraphenschule gebildet worden. Nach Erweiterung um eine „Funker-Abteilung“ und eine Bespannungsabteilung ab 1. Oktober 1907 wurde es zum 1. Oktober 1911 in Telegraphenbataillon umbenannt sowie mit der Aufstellung einer dritten Kompanie ab 1. Oktober 1912 vergrößert; die „Funker-Abteilung“ wurde zeitgleich in eine 4.(„Funker“-)Kompanie umgegliedert.

Auch zum 1. Oktober 1912 trat die zweite wichtige Strukturänderung der preuß. Telegraphentruppe mit Aufstellung des Telegraphen-Bataillon Nr. 5 zu vier Kompanien auf dem Übungsplatz der Eisenbahntruppen in Klausdorf-Rehagen in Kraft. 

Zum 1. Oktober 1913 trat dann die letzte Strukturänderung vor dem 1. Weltkrieg mit Aufstellung der Telegraphen-Bataillone Nr. 6 in Munster-Lager und Nr. 7 (Sächs.) in Zeithain, Bildung der 3. Inspektion der Telegraphentruppen in Berlin, Erweiterung der Kavallerie-Telegraphenschule durch eine Funkerschule und Umbenennung in Kriegs-Telegraphenschule in Kraft. Außerdem wurden bei den Telegraphen-Bataillon Nr. 1 – 5 jeweils fünfte Kompanien als „Funken-Kompanien“ und bei den wichtigsten Festungen sechs preuß. Festungs-Fernsprechkompanien sowie jeweils eine sächs. und bayr. Festungs-Fernsprechkompanie aufgestellt.

Die preuß. Telegraphen-Truppen ab 1. Oktober 1913 –
Gesamt-Sollstärke: 261/850/4.925
/6.036

Die Telegraphenbataillone mit fünf Kompanien hatten dabei eine Sollstärke von 34 Offizieren, 865 Unteroffizieren und Mannschaften sowie 301 Pferden, die Telegraphenbataillone mit nur vier Kompanien eine Sollstärke von 26 Offizieren, 729 Unteroffizieren und Mannschaften sowie 206 Pferden. Aus dieser Friedensgliederung heraus konnte nun für jedes der 22 preuß. Armeekorps eine Korps-Telegraphenabteilung und für jede der sieben preuß. Armeen eine Armee-Telegraphenabteilung gebildet und zugeordnet werden.

Auch zum 1. Oktober 1913 wurden aus dem Telegraphenbataillon in Bayern das 1. Königl. Bayr. Telegraphenbataillon mit drei Kompanien und Bespannungsabteilung sowie das 2. Königl. Bayr. Telegraphenbataillon mit zwei „Funker“-Kompanien und der Kavallerie-Telegraphenschule gebildet. 

Das 1. Königl. Bayr. Telegraphenbataillon hatte dabei eine Sollstärke von 25 Offizieren, fünf Beamten, 438 Unteroffizieren und Mannschaften sowie 132 Pferden, das 2. Königl. Bayr. Telegraphenbataillon eine Sollstärke von 21 Offizieren, fünf Beamten, 270 Unteroffizieren und Mannschaften sowie 190 Pferden. Auch hieraus konnte nun für jedes der drei bayr. Armeekorps eine Korps-Telegraphenabteilung und für die 6. (Bayr.) Armee eine Armee-Telegraphenabteilung gebildet und zugeordnet werden.

Abb. links: Aufwuchs der bayr. Telegraphentruppe (1901 – 1913)


Quelle:

Tafel 9 – 11 und 13 der Bildtafelausstellung „Fernmeldetruppen – Gestern und heute“


Weitere Quellen und zusätzliche Informationen zum Thema:

  1. Goebel, Dieter: Telegraphen-/Nachrichten-/Fernmelde-Truppen – Organisationsdarstellung 1830 – 1980, FmS/FSHEloT 1980
  2. Das Telegraphen- und Nachrichtenwesen von den Anfängen bis 1939 nach Generalmajor Erich Fellgiebel – in: Telegraphen-/ Nachrichten-/Fernmeldetruppen und Führungsdienste – Führungsunterstützung seit 1899, Hrsg.: Fernmeldering e.V. 1999 – S. 19 ff.
  3. Telegraphen-/Nachrichten-/Fernmeldetruppen und Führungsdienste – Führungsunterstützung seit 1899, Hrsg.: Fernmeldering e.V. 1999 – S. 217 ff. und S. 225 ff.
  4. Recke, Hans-Joachim: Die Entwicklung der Telegraphen- und Nachrichtentruppe in: Antenne-Sonderausgabe „100 Jahre Fernmeldetruppen“, FmS/FSHElT 1999 – S. 6 ff.
  5. „Das Telegraphen-Bataillon 3“ auf der Internet-Seite von Kameradschaft der Fernmelder Koblenz/Lahnstein e.V. unter „Fm … und mehr“/„Historie“ www.diefernmelder.de/das-telegraphen-bataillon-3.html
  6. Praun, Albert: Wie aus der Pioniertruppe die Nachrichtentruppe wurde …, Teil 1: 1866 – 1914 in: F-Flagge 3-2020, S. 44 ff.
  7. Fernmeldetruppe und Militär auf der Seite von Oberst a.D. Mil.-Historiker Dipl.-Ing. oec. Hans Georg Kampe ()