Tafel 8 der Bildtafelausstellung “Fernmeldetruppen – Gestern und heute”

Nach Vor­stel­lung der Bild­ta­fel zum Ein­satz der deut­schen Feld-und Etap­pen-Tele­gra­phen­ab­tei­lun­gen im Krieg gegen Frank­reich (1870/71) wird die Serie zu o.a. Bild­ta­fel­aus­stel­lung mit der Vor­stel­lung der Bild­ta­fel zur Preuß. Mili­tär­te­le­gra­phie und den Anfän­gen des Tele­fons (1871 — 1899) fort­ge­setzt.  

Oberst a.D. Peter Uffel­mann

Nach­dem die ins­ge­samt 10 Feld- und sechs Etap­pen-Tele­gra­phen­ab­tei­lun­gen nach dem Krieg gegen Frank­reich bis Herbst 1871 wie­der demo­bi­li­siert wor­den waren, for­der­te der Chef des Gene­ral­sta­bes vom preuß. Kriegs­mi­nis­te­ri­um bereits Anfang Okto­ber 1871 die Bil­dung eines eigen­stän­di­gen Füh­rungs­or­gans für die Mili­tär­te­le­gra­phie und die Auf­stel­lung eines Per­so­nal­stam­mes für die im Mobil­ma­chungs­fall zu bil­den­den preuß. Feld-Tele­gra­phen­ab­tei­lun­gen Nr. 1 — 7 beim Gar­de-Pio­nier­ba­tail­lon in Ber­lin und für die Etap­pen-Tele­gra­phen­ab­tei­lun­gen Nr. 1 — 5 beim Pio­nier­ba­tail­lon Nr. 4 in Mag­de­burg. Ab Novem­ber 1871 wur­den nun auch alle Kom­pa­nien des Gar­de-Pio­nier- und des Pio­nier­ba­tail­lons Nr. 4 im Lei­tungs­bau aus­ge­bil­det. 
Mit der Neu­fas­sung der „Instruk­ti­on betref­fend das Etap­pen- und Eisen­bahn-Wesen und die Lei­tung des Feld-Inten­dan­tur‑, Feld-Sani­täts‑, Mili­tär-Tele­gra­phen- und Feld-Post­we­sens im Krie­ge“ wur­den die Etap­pen-Tele­gra­phen­ab­tei­lun­gen im Juli 1872 in Reser­ve-Tele­gra­phen­ab­tei­lun­gen umbe­nannt. Zugleich wur­den mit die­ser Neu­fas­sung die Kriegs­stär­ke-Nach­wei­se der Tele­gra­phen­ab­tei­lun­gen ange­passt: Wäh­rend sich bei den Feld-Tele­gra­phen­ab­tei­lun­gen gegen­über 1870/71 die Umfangs­zah­len sowohl des mili­tä­ri­schen, als auch des zivi­len Per­so­nals  nur gering­fü­gig änder­ten, wur­de bei den Reser­ve-Tele­gra­phen­ab­tei­lun­gen sowohl der Gesamt­um­fang, als auch der Umfang des mili­tä­ri­schen Per­so­nals deut­lich erhöht und zugleich das zivi­le Per­so­nal ent­spre­chend redu­ziert. Zudem soll­ten nun auch die Reser­ve-Tele­gra­phen­ab­tei­lun­gen von einem Offi­zier geführt wer­den.

„Kriegs­stär­ke-Nach­wei­se der Mili­tär­te­le­gra­phie ab 1872

Die bereits 1871 gefor­der­te Auf­stel­lung der Inspek­ti­on der Mili­tär­te­le­gra­phie sowie ihre Unter­stel­lung unter die Gene­ral­inspek­ti­on des Inge­nieur­we­sens – und damit ihre Tren­nung von der Staats-Tele­gra­phie – wur­den jedoch erst im Febru­ar 1877 gebil­ligt. Ihre Anträ­ge zur Neu­or­ga­ni­sa­ti­on der Mili­tär­te­le­gra­phie und u.a. zur Bil­dung einer Mili­tär-Tele­gra­phen­schu­le wur­den aber Anfang Dezem­ber 1878 bzw. April 1879 abge­lehnt.
Ande­rer­seits wur­de ab März 1880 die Mobil­ma­chungs­vor­be­rei­tung der Mili­tär­te­le­gra­phie und die Aus­bil­dung im Lei­tungs­bau auf zwei wei­te­re preuß. Pio­nier­ba­tail­lo­ne – Nr. 7 in Köln und Nr. 11 in Mainz – aus­ge­dehnt. 1882 wur­de zudem ein Lehr- und Ver­suchs­kom­man­do beim Gar­de-Pio­nier­ba­tail­lon geschaf­fen. Ab Okto­ber 1884 erfolg­te dann die inte­rims­mä­ßi­ge Bil­dung einer ers­ten mili­tä­ri­schen Tele­gra­phen-Lehr­ein­rich­tung in Ber­lin und ab April 1887 wur­de schließ­lich beim Gar­de-Pio­nier­ba­tail­lon eine etat­mä­ßi­ge 5. (Tele­gra­phen) Kom­pa­nie als Ver­suchs­trup­pe auf dem Gebiet des Mili­tär-Tele­gra­phen­we­sens und als Per­so­nal­stamm für die im Mobil­ma­chungs­fall zu bil­den­den Mili­tär-Tele­gra­phen­ab­tei­lun­gen auf­ge­stellt. Zudem wur­den ab 1887 bei den 4. Kom­pa­nien aller 20 preuß. Pio­nier­ba­tail­lo­ne Feld­te­le­gra­phis­ten aus­ge­bil­det und in Ber­lin wur­de eine Mili­tär-Tele­gra­phen­schu­le ein­ge­rich­tet, der 1896 eine Ver­suchs­kom­pa­nie für Mili­tär­te­le­gra­phie als Tele­gra­phen­lehr­kom­pa­nie unter­stellt wur­de. Die Mili­tär­te­le­gra­phie war ins­ge­samt zwi­schen­zeit­lich in 1885 dem Chef des Inge­nieur- und Pio­nier­we­sens und Gene­ral­inspek­teur der Fes­tun­gen unter­stellt wor­den.
Aber erst am 1. April 1888 stimm­te das preuß. Kriegs­mi­nis­te­ri­um einer grund­le­gen­den Reor­ga­ni­sa­ti­on der Mili­tär­te­le­gra­phie zu und erließ einen vor­läu­fi­gen Ent­wurf der „Dienst­vor­schrift für die Armee- und Korps-Tele­gra­phen-Abtei­lun­gen“. Dem­nach hat­te die Inspek­ti­on der Mili­tär­te­le­gra­phie bei einer Mobil­ma­chung den Stab des Chefs der Feld­te­le­gra­phie beim Gro­ßen Haupt­quar­tier, fünf Armee- und 16 Korps-Tele­gra­phen­ab­tei­lun­gen auf­zu­stel­len. Die Auf­stel­lung der geplan­ten vier Etap­pen-Tele­gra­phen­di­rek­tio­nen und ihrer Etap­pen-Tele­gra­phen­ab­tei­lun­gen war Auf­ga­be des Reichs-Post­am­tes.

Wesent­li­cher Unter­schied zwi­schen den Armee-Tele­gra­phen­ab­tei­lun­gen und den Korps-Tele­gra­phen­ab­tei­lun­gen war, daß ers­te­re nur noch Blank­draht­lei­tun­gen (Feld­dau­er­lei­tun­gen) bau­ten und betrie­ben, letz­te­re nur noch Feld­ka­bel­lei­tun­gen.

In 1888 wur­de auch in Bay­ern eine Mili­tär-Tele­gra­phen­schu­le zur Aus­bil­dung des Lehr­per­so­nals der Pio­nie­re — die Aus­bil­dung im Feld­te­le­gra­phen­dienst war auch dort nach dem Deutsch-Fran­zö­si­schen Krieg auf die zwei baye­ri­schen Pio­nier­ba­tail­lo­ne über­ge­gan­gen — sowie Kaval­le­rie unter der Inspek­ti­on des Inge­nieur­korps und der Fes­tun­gen gegrün­det.

Zwi­schen­zeit­lich war ab 1860 die Tele­pho­nie erfun­den wor­den, wur­den ab 1876 prak­tisch nutz­ba­re Tele­pho­ne gebaut und mit der am 12. Novem­ber 1877 im Ber­li­ner Post­amt Fried­richs­berg in Betrieb genom­me­nen ers­ten öffent­li­chen Fern­sprech­stel­le begann ein neu­es Kom­mu­ni­ka­ti­ons­zeit­al­ter. Bereits wäh­rend der Herbst­ma­nö­ver 1878 der 2. Gar­de-Divi­si­on wur­den daher ers­te Ver­su­che mit Tele­pho­nen durch­ge­führt, wel­che die Brauch­bar­keit des neu­en Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel im mobi­len Ein­satz bestä­ti­gen, aber auch bei vie­len Offi­zie­ren – wegen der „unheim­li­chen Elek­trik“ – auf Unver­ständ­nis und Ableh­nung stie­ßen.

„Ver­su­che mit trag­ba­ren Tele­pho­nen 1878“

Als wei­te­res Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel der Mili­tär­te­le­gra­phie wur­den 1889 Licht­si­gnal­ap­pa­ra­te ein­ge­führt, mit denen Mor­se­zei­chen als Licht­blit­ze über­tra­gen – „geblinkt“ – wer­den konn­ten, und die dazu tags­über das Son­nen­licht (Heliograph/Spiegeltelegraph) und nachts Azty­len-Sau­er­stoff- oder Kar­bidlam­pen nutz­ten.

1897 wur­den dann ers­te Ver­su­che mit „Fun­ken­te­le­gra­phie“ bei der Luft­schif­fer­ab­tei­lung in Ber­lin unter Nut­zung von Bal­lo­nen und Dra­chen zum Aus­brin­gen einer ca. 300 m lan­gen Anten­ne durch­ge­führt, nach­dem bereits 1888 der expe­ri­men­tel­le Nach­weis der elek­tro­ma­gne­ti­schen Wel­len­aus­brei­tung und 1897 die Über­tra­gung von Mor­se­si­gna­len mit Lang­wel­len über eini­ge Kilo­me­ter gelun­gen sowie Letz­te­res auch Kai­ser Wil­helm II. vor­ge­führt wor­den war. 1898 gelang durch Ein­füh­rung eines induk­tiv gekop­pel­ten Schwing­krei­ses mit Kon­den­sa­tor eine wesent­li­che Stei­ge­rung der Sen­de­leis­tung die­ser soge­nann­ten Knall­fun­ken­sen­der, wodurch nun auch meh­re­re Dut­zend Kilo­me­ter über­brückt wer­den konn­ten.

Quel­le:

Tafel 8 der Bild­ta­fel­aus­stel­lung “Fern­mel­de­trup­pen – Ges­tern und heu­te”


Wei­te­re Quel­len und zusätz­li­che Infor­ma­tio­nen zum The­ma:

  1. Goe­bel, Die­ter: Tele­gra­phen-/Nach­rich­ten-/Fern­mel­de-Trup­pen – Orga­ni­sa­ti­ons­dar­stel­lung 1830 — 1980, FmS/FSHEloT 1980
  2. Das Tele­gra­phen- und Nach­rich­ten­we­sen von den Anfän­gen bis 1939 nach Gene­ral­ma­jor Erich Fell­gie­bel in: Tele­gra­phen-/Nach­rich­ten-/Fern­mel­de­trup­pen und Füh­rungs­diens­te – Füh­rungs­un­ter­stüt­zung seit 1899, Hrsg.: Fern­mel­de­ring e.V. 1999 – S. 19 ff.
  3. Tele­gra­phen-/Nach­rich­ten-/Fern­mel­de­trup­pen und Füh­rungs­diens­te – Füh­rungs­un­ter­stüt­zung seit 1899, Hrsg.: Fern­mel­de­ring e.V. 1999 – S. 217 ff. und S. 225 ff.
  4. Recke, Hans-Joa­chim: Die Ent­wick­lung der Tele­gra­phen- und Nach­rich­ten­trup­pe in: Anten­ne-Son­der­aus­ga­be „100 Jah­re Fern­mel­de­trup­pen“, FmS/FSHElT 1999 – S. 6 ff.
  5. Lar­sen, Uwe: Mei­len­stei­ne der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­nik für das Fern­mel­de­we­sen des Hee­res in: Anten­ne-Son­der­aus­ga­be „100 Jah­re Fern­mel­de­trup­pen“, FmS/FSHElT 1999 – S. 18 ff.
  6. Praun, Albert: Wie aus der Pio­nier­trup­pe die Nach­rich­ten­trup­pe wur­de …, Teil 1: 1866 — 1914 in: F‑Flagge 3–2020, S. 44 ff.