Nach Vorstellung der Bildtafel zur Mobilmachung der Heeres-Nachrichtentruppe für den Angriff auf Polen im Jahr 1939 wird die Serie zu o.a. Bildtafelausstellung mit der Vorstellung der Bildtafel zum Einsatz der Heeres-Nachrichtentruppe beim Angriff auf Polen im Jahr 1939 fortgesetzt.
Oberst a.D. Peter Uffelmann
Vorbemerkung:
Die aktuellen RICHTLINIEN ZUM TRADITIONSVERSTÄNDNIS UND ZUR TRADITIONSPFLEGE der Bundeswehr enthalten zum Thema „Wehrmacht“ unter Nr. 3.4.1 u.a. folgende Klarstellung, auf die auch hinsichtlich des Einsatzes der Heeres-Nachrichtentruppe beim Angriff auf Polen im Jahr 1939 hingewiesen werden soll:
„Der verbrecherische NS-Staat kann Tradition nicht begründen. Für die Streitkräfte eines demokratischen Rechtsstaates ist die Wehrmacht als Institution nicht traditionswürdig. Gleiches gilt für ihre Truppenverbände sowie Organisationen, die Militärverwaltung und den Rüstungsbereich.“
In der Vorbereitung des Überfalls auf Polen verfügte die Wehrmacht ab Ende August 1939 mit den von der Deutschen Reichspost (DRP) bereitgestellten Leitungen der „Störungsnetze“ („StöN“) sowie den zusätzlich von der Heeres-Nachrichtentruppe (HNachrTr) gebauten Feldkabel‑, Feldfernkabel- und Felddauerleitungen über ein Nachrichtenverbindungsnetz, das allen Anforderungen für die 1. Phase des Angriffs entsprach. Darüber hinaus waren auf allen Führungsebenen einsatzbereite Truppenteile der HNachrTr und Truppen-Nachrichtenzüge verfügbar, welche dieses Nachrichtenverbindungsnetz dem Angriff folgend feldmäßig erweitern konnten.
Als dann am Morgen des 1. Septembers 1939 der Angriff auf Polen begann, waren im Bereich jeder Armee auch ein bis zwei besondere „Ablaufpunkte“ für die Armee-Stammleitungen mit weitsprechfähigen Nachrichtenverbindungen zu den Oberkommandos des Heeres (OKH) und der Wehrmacht (OKW) geschaltet: Von diesen „Ablaufpunkten“ bauten nun die Armee-Nachrichten-Regimenter (Armee-NachrRgt) Felddauerlinien in Richtung des nächsten geplanten Armee-Gefechtsstandes, meistens als mittels mobiler Trägerfrequenz-(TF-) und Wechselstromtelegraphie-(WT-) Geräte mehrfach ausnutzbare Bronzedraht-Doppelleitungen an einem Holzgestänge.
Beim Bau einer Blankdraht-Felddauerlinie,
Bildquelle: Bildtafel 38
Auf qualitativ guten Doppelleitungen waren so im leichten Stangenbau drei Fernsprech- oder fünf Fernschreibverbindungen gleichzeitig, durch 12-fach-WT-Geräte auf zwei Doppelleitungen (4‑Draht-Verbindung) gleichzeitig 12 Fernschreibverbindungen möglich. Bei großen Entfernungen wurden zusätzlich mobile Verstärker-Trupps zum Ausgleich der Leitungsdämpfung eingesetzt. In vorherbestimmten Abständen wurden Durchgangsvermittlungen eingerichtet, von denen Querverbindungen zu anderen Vermittlungen des auf diese Weise entstehenden Armee-Verbindungsnetzes führten.
Die Nachrichten-Regimenter der beiden Heeresgruppen (HGrNachrRgt) folgten jeweils einer in Richtung des Angriffsschwerpunkts führenden Armee-Stammleitung und verstärkten diese, wodurch diese mit größeren technischen Kapazitäten zur Heeresgruppenachse wurde.
Diese feldmäßige Mehrfachausnutzung der bisherigen einfachen Felddauerlinien mittels mobiler TF- und WT-Geräte war aufgrund der Auswertung der Übungen und ersten Einsätze im Jahr 1938 sowie des technischen Entwicklungsstandes als Hauptmöglichkeit identifiziert worden, wie und mit welchen feldmäßigen Nachrichtenmitteln der hohe Leitungsbedarf und die großen Entfernungen zukünftiger Feldzüge bewältigt werden konnten, da die Übertragungskapazität und Sprechreichweite von Feldfernkabelleitungen nicht mehr ausreichten sowie der Zeitbedarf für den Bau von Felddauerlinien mit mehreren Doppelleitungen an einem Gestänge zu hoch war.
Einzige technische Alternative war ein neuentwickeltes 14-paariges Führungs-/Stecker-Fernkabel [1], von dem aber aufgrund von Rohstoffmangel – insbesondere bei Kupfer – nur eine begrenzte Anzahl von Kabellängen produziert werden konnte, so daß damit nur das Führungs-Nachrichtenregiments 40 (FüNachrRgt 40) ausgestattet war.
Bilder oben: Führungs-/Stecker-Fernkabel,
Bilderquelle: Eintrag zu „Führungs-/Stecker-Fernkabel“ bei www.der-fernmelder.de
Auf Korps- und Divisionsebene wurden dagegen die Stammleitungen in der Regel mit Feldfernkabel (FFKb) gebaut: Jede Divisions-Nachrichtenabteilung (DivNachrAbt) baute eine Divisions-Stammleitung in der Regel entlang einer der Marschstraßen ihrer Division. Die Korps-Nachrichtenabteilungen (Korps-NachrAbt) folgten einer dieser Divisions-Stammleitungen im Schwerpunkt der Korps und verstärkten diese, wodurch sie zu Korps-Stammleitungen wurden. Außerdem stellten sie die notwendigen Querverbindungen zu den Stammleitungen der anderen Divisionen und zum benachbarten Armeekorps her.
Wie in den Einsatzvorschriften der HNachrTr festgelegt, versuchten dabei die Bautrupps der Nachrichtenabteilungen ab Beginn der Operationen dem schnellen Vormarschtempo ihrer Großverbände mit ihren Stammleitungen im überschlagenden Einsatz zu folgen und dabei die befohlenen Nachrichtenverbindungen herzustellen, was jedoch nicht immer gelang.
Bau von FFKb-Leitungen
Bildquelle: Bildtafel 38
Als die Armeeoberkommandos (AOK) in den ersten Kriegstagen im Zuge des Angriffs ihre Gefechtsstände nach Polen verlegten, verschlechterten sich die Nachrichtenverbindungen zu ihnen in dem Maße, wie die Entfernungen immer größer wurden, bis sie schließlich mit feldmäßigen Nachrichtenmitteln nicht mehr zu überbrücken waren: Als erstes brachen deshalb die direkten Nachrichtenverbindungen der AOK zum OKH und OKW ab. Konnte man sich anfangs noch mit „Umsprechen“ der Fernsprüche durch die Vermittlungen bzw. Fernsprechzentralen bei den Heeresgruppen-Oberkommandos (HGrOKdo) behelfen, war auch das nicht mehr möglich, als diese ebenfalls nach Polen verlegten.
Am 14. September brach dann auch die Fernsprechverbindung zwischen OKH/OKW und dem HGrOKdo Süd vollends zusammen, als dieses von seinem ersten Gefechtsstand Lublinitz/Lubliniec in Polen nach Kielce verlegt hatte, wodurch OKH/OKW nur noch eingeschränkt über Funk Einfluß u.a. auf das AOK 8 nehmen konnten, dessen Korps und Divisionen zu diesem Zeitpunkt in harte Kämpfe an der Bzura verwickelt waren.
Bis Lublinitz/Lubliniec hatte die verbliebene FFKb-Baukompanie des Führungs-Nachrichtenregiments 40 (FüNachrRgt 40) – im Schwerpunkt des Gesamtangriffs auf Polen bei HGr Süd – das o.a. neuentwickelte 14-paarige, von Neiße/Nysa kommende Führungs-/Stecker-Fernkabel (ca. 120 km, d.h. ca. 480 Kabellängen) noch verlängern können, dann waren die aufgrund der nur begrenzten Produktionskapazität insgesamt verfügbaren Längen dieses speziellen Fernkabels aufgebraucht.
Führungs-/Stecker-Fernkabel von Neiße/Nysa nach Lublinitz/Lubliniec,
Quelle: Google Maps/Eigene Ergänzung
Ab Lublinitz/Lubliniec musste nun – wie schon seit Angriffsbeginn bei HGr Nord – das HGrNachrRgt Süd selbst zusätzlich auch die Verantwortung für alle nach rückwärts führenden Nachrichtenverbindungen übernehmen, was sich durch diese zusätzliche “Rückwärtsorientierung“ – trotz der durch Generalmajor Fellgiebel mangels ausgebildetem Personal für das FüNachrRgt 40 eingeleiteten Zuweisung von DRP-Personal für den Bau von Dauerleitungen, für den Betrieb sowie für den Kabelmeß- und ‑instandsetzungsdienst – negativ auch auf die Verbindungen zu den AOK auswirkte. Dabei wurden FüNachrRgt 40 sowie den beiden HGrNachrRgt 570 (HGr Süd) und 537 (HGr Nord) kurzfristig jeweils u.a. 15 DRP-Kabel-Bautrupps á etwa 30 bis 40 Mann zugewiesen, d.h. insgesamt mindestens in Stärke jeweils etwa einer DivNachrAbt..
Darüber hinaus war HGrNachrRgt 570 (HGr Süd) bereits seit 3. September eine der leichten Blankdraht-Baukompanien des FüNachrRgt 40 unterstellt, welche bis zum 14. September eine ca. 130 km lange Feld-Dauerlinie von Bochnia/Galizien (Polen) über Tarnow/Tarnów (Galizien/Polen) nach Rzeszow/Rzeszów (Galizien/Polen) und ab 14. September ca. 190 km weiter über Jaroslaw/Jarosław(Galizien/Polen) — Prszemysl/Przemyśl (Galizien/Polen) nach Lemberg/Lwiw/Lwow (damals: Galizien/Polen, heute Ukraine) baute.
Feld-Dauerlinie von Bochnia über Rzeszow/Rzeszów nach Lemberg/Lwiw/Lwow
Quelle: Google Maps/Eigene Ergänzung
Ab 6. September hatte außerdem die o.a. FFKb-Baukompanie mit dem Bau einer ca. 110 km langen FFKb-Dauerlinie von Petrikau/Piotrków Trybunalski (südlich Lodz/Polen) nach Radom/Masowien(Polen) begonnen.
Bilder oben: Beim Bau einer FFKb-Dauerlinie und FFKb-Dauerlinie von Petrikau/Piotrków Trybunalskinach Radom
(Quelle: Google Maps/Eigene Ergänzung)
Mitte September war inzwischen die militärische Nachrichtenverbindungslage dadurch gekennzeichnet, daß die Drahtverbindungen vorwärts der HGrOKdo im Wesentlichen funktionierten, nach rückwärts zum OKH und OKW aber instabil bzw. gar nicht mehr gegeben waren, was den verstärkten Einsatz von Funkmitteln und den Einsatz von DRP-Kabelbautrupps notwendig machte. Die Hauptursache – der Inspekteur der Nachrichtentruppe, Generalmajor Fellgiebel, hatte vor Beginn des Krieges wiederholt darauf hingewiesen – war das Fehlen leistungsstarker Führungs-Nachrichtentruppen: Das einzige FüNachrRgt 40 war mit den auf zahlreiche Fernsprechverkehrsämter des polnischen Postnetzes zersplitterten schwachen Kräften seiner einzigen verbliebenen Fernsprech-Betriebskompanie sowie insbesondere seinen verbliebenen Kabel- und Leitungsbaukräften (eine FFKb-Baukompanie und drei leichte Blankdraht-Baukompanien) allein nicht imstande, die immer größer werdende Verbindungslücke zwischen dem DRP-Fernkabelnetz – d.h. dem StöN „Hermann“ – sowie den vorrückenden AOK und HGrOKdo zu schließen, da die durch deren NachrRgt gebauten rückwärtigen Stammleitungen zumindest z.T. zunächst wieder abgebaut wurden, um ihre Stammleitungen vorwärts der AOK-/HGrOKdo- Gefechtsstände dem Vormarsch folgend weiterbauen zu können.
Darüber hinaus war mangels Friedens-Stammpersonal für FüNachrRgt 40 die Ausnutzung von polnischen postalischen Fernkabeln und Nachrichtenanlagen für weitreichende Nachrichtenverbindungen – trotz der Erfahrungen bei der Besetzung von Österreich und der Tschechoslowakei im Vorjahr – nicht vorbereitet, eine entsprechende Ausbildung des Personals wäre zudem nicht möglich gewesen. Warum aber – im Gegensatz zur Besetzung von Österreich und der Tschechoslowakei– auch kein DRP-Personal hierfür, d.h. Spezialtrupps des verstärkten Postschutzes zur schnellstmöglichen Besetzung, Sicherung und Wiederinbetriebnahme von gegnerischen postalischen Nachrichten- und Funkanlagen, bereitgestellt und eingesetzt wurde, geht aus den u.a. Quellen nicht hervor.
Die Folge dieses Versäumnisses war, daß die NachrVbd aller Führungsebenen unkoordiniert versuchten, die in ihren Angriffsstreifen vorgefundenen unbeschädigten polnischen postalischen Nachrichtenanlagen auf eigene Faust und nach Gutdünken für eigene Zwecke zu nutzen. Dabei hatten Nachrichtenführer der Heeresgruppen und Armeen, aber selbst auch Kommandeure der Korps- und DivNachrAbt aus den nutzbaren polnischen Fernkabelabschnitten zwischen größeren Städten einzelne Kabeladern herausführen lassen und für ihren eigenen, meist örtlichen Bedarf genutzt.
Die Versuche, die teilweise stark beschädigten polnischen Fernkabel und Verstärkerämter auf Betreiben des Reichspostministeriums (RPM) durch das den NachrRgt zugeordnete o.a. DRP-Personal planmäßig instandsetzen zu lassen, blieben andererseits alle nur Stückwerk, weil es zu keiner entsprechenden Koordinierung zwischen RPM und Stab HNW/WNV kam.
Spätestens Mitte September war deswegen eine geordnete zentrale Führung des Nachrichtenmitteleinsatzes im Rahmen des weiteren Angriffs in Polen nicht mehr gewährleistet, was das dazu führte, daß der Kommandeur des FüNachrRgt 40, Oberst Rolf Göhring [2] am 14. September von Generalmajor Fellgiebel den Auftrag bekam, diese unverzüglich wiederherzustellen.
Dazu hatte FüNachrRgt 40
- alle Kräfte, insbesondere aber die bisher auf zahlreiche Fernsprechverkehrsämter des polnischen Postnetzes zersplitterten Betriebskräfte, zu konzentrieren;
- die Nachrichtenverbindungen zwischen OKH/OKW sowie den Gefechtsständen des HGrOKdo Süd und seinen drei AOK sicherzustellen;
- die gesamten polnischen Fernkabel westlich der Linie Warschau — Myslowitz/Mysłowice(Schlesien) und das Führungs-/Stecker-Fernkabel in Betrieb zu nehmen sowie zu beschalten.
Raum westlich der Linie Warschau — Myslowitz/Mysłowice (Schlesien)
Quelle: Google Maps/Eigene Ergänzungen
Ergänzend hierzu wurde die Reichspostdirektion Oppeln am 15. September über das RPM angewiesen, die Fernkabellinien Gleiwitz/Gliwice (Schlesien) — Krakau/Kraków (Westgalizien) mit ca. 105 km Länge und Myslowitz/Mysłowice (Schlesien) — Mistek/Friedberg (Mähren) mit ca. 100 km Länge einschließlich der dazugehörigen Verstärkerämter und sonstigen Betriebsstellen in DRP-Verwaltung zu übernehmen.
Bilder oben: Post-Fernkabellinien Gleiwitz — Krakau und Myslowitz — Mistek,
Quelle: Google Maps/Eigene Ergänzungen
Darüber hinaus übernahmen die erst ab 16. September aufgestellten Feldnachrichtenkommandanturen 13 — 15 wenige Tage später im Auftrag des FüNachrRgt 40 und in engem Zusammenwirken mit der DRP die Koordinierung aller Instandsetzungsarbeiten sowie der Beschaltung der o.a. polnischen Fernkabel und des Führungs-/Stecker-Fernkabels ausschließlich für OKH/OKW sowie die HGrOKdo und AOK.
Zudem verlegte am 19. September 1939 der Stab der I./FüNachrRgt 40, dem zu diesem Zeitpunkt nur noch die verbliebene o.a. FFKb-Bau- und Fernsprech-Betriebskompanie für den Einsatz unterstellt waren, nach Bromberg/Bydgoszcz (Polen) im Bereich der HGr Nord und übernahm dort die Leitung bei Einrichtung sowie Betrieb von Vermittlungen und beim Neu-/Nachbau von Felddauerlinien durch die dem FüNachrRgt 40 zugeordneten DRP-Bautrupps.
Bautrupp der DRP im Einsatz
Bildquelle: Bildtafel 32
Das o.a. rigorose Eingreifen von Generalmajor Fellgiebel als Chef des Heeresnachrichtenwesens (HNW) und der Wehrmachtsnachrichtenverbindungen (WNV) führte schließlich zur Bereinigung dieser kritischen Nachrichtenverbindungslage: Bis Ende September 1939 konnten die Führungsverbindungen zwischen OKH/OKW und den HGrOKdo sowie AOK weitgehend stabilisiert und wichtige organisatorische Voraussetzungen für ihr weiteres Funktionieren geschaffen werden – der Aufstellung weiterer Führungs-NachrTr als eigentlichem Schlüssel zu Lösung der o.a. Probleme war man allerdings noch keinen Schritt näher gekommen.
Im Gegensatz zu den Draht-Nachrichtenverbindungen war der Funkeinsatz ab Angriffsbeginn trotz der nur etwa 4.000 verfügbaren Frequenzen für die mehr als 80.000 Funkgeräte weitgehend unproblematisch, da man kurz vor Kriegsbeginn die Frequenzplanung und ‑verteilung neu geregelt hatte: Da diese den Nachrichtenführern der Heeresgruppen und Armeen nun größeren Spielraum ließ, konnten viele Frequenzen mehrfach vergeben werden, ohne daß gegenseitige Störungen zu befürchten waren und eintraten.
Die hohe Dynamik der Kampfhandlungen, aber auch die z.T. unzureichenden oder zeitweise abgerissenen Draht-Nachrichtenverbindungen sowie die Möglichkeit von Funkverkehr auch in Bewegung machten Funk somit schnell zu einem unentbehrlichen Führungsmittel: So führte die 10. Armee zeitweilig nur über Funk, u.a. auch durch Einsatz von Fliegerstaffeln mit der sogenannten „Nachrichten-Ju 52“ [3], die eigentlich dazu vorgesehen waren, eine Erst-Erreichbarkeit über Funk im Rahmen der Verlegung von Luftwaffengeschwadern auf neue Feldflugplätze sicherzustellen.
Ein Schwerpunkt der Funkeinsatzplanung waren vor Angriffsbeginn die Funkverbindungen zwischen OKH/OKW und dem HGrOKdo Nord gewesen, da befürchtet wurde, daß die Seekabel nach Ostpreußen – siehe das Bild „Heeresinterne Draht-Nachrichtenverbindungen“ in Post 21 – zerstört werden könnten: Deshalb hatte man die leistungsfähigsten mobilen sowie stationären Funk-Sende- und ‑Empfangsanlagen für diese Funkverbindungen zusammengezogen.
Ein weiterer Schwerpunkt der Funkeinsatzplanung waren die Funkverbindungen zwischen den AOK der „Flügelarmeen“ der beiden Heeresgruppen – AOK 4 und AOK 8, da zwischen diesen keine direkte Leitungsverbindung bestand. Trotzdem kamen diese Funkverbindungen aufgrund des unzureichenden Ausbildungsstandes der als Funker eingesetzten Reservisten zunächst nicht zustande, und für die Funkverbindungen zwischen den „Flügelkorps“ dieser beiden Armeen hatte man den Austausch der Funkunterlagen vergessen – alle drei Defizite sollten sich während der Schlacht an der Bzura Mitte September 1939 noch negativ auswirken (siehe unten)
Im Bereich des Horchdienstes bzw. der Funkaufklärung wurden insgesamt vier mobile Horchkompanien und zwei Auswertestellen bei den beiden HGrOKdo sowie die drei Festen Horchstellen für die „Ost-Aufklärung“ (Cranz bei Königsberg, Striegau bei Breslau in Schlesien und Treuenbrietzen) eingesetzt.
Jeder der beiden Heeresgruppen wurden dabei je zwei mobile Horchkompanien und je eine Auswertestelle auf Zusammenarbeit angewiesen, Horch-Abteilungsstäbe waren jedoch zunächst nicht gebildet worden, weil der Stab HNW bzw. dessen Horch-Leitstelle unmittelbaren Einfluß auf die gesamten Horch- bzw. Funkaufklärungskräfte nehmen wollte: Die Auswertestellen hatten insofern auch keinerlei Befehlsbefugnis gegenüber den Horchkompanien in ihrem Bereich.
Die vier der mobilen Horchkompanien hatten dazu schon ab Anfang August 1939 die Funkaufklärung gegen Polen ergänzend zu den in der „Ost-Aufklärung“ eingesetzten o.a. Festen Horchstellen aufgenommen.
Dabei und zunächst auch nach Kriegsbeginn konnten allerdings nur die meisten Aufmarschschwerpunkte bzw. ‑räume des polnischen Heeres entlang der polnisch-deutschen Grenzen festgestellt werden, weil der äußerst geringe polnische Heeresfunkverkehr unter außerordentlichen Schutzmaßnahmen abgewickelt wurde – einige, wenn auch operativ wenig bedeutsame Erkenntnisse konnten aber aus dem Funkverkehr der polnischen Grenzwacht, Polizei und Zivilbehörden gewonnen werden, während das Funknetz der obersten polnischen Führung erst drei Tage nach Kriegsbeginn überhaupt in Betrieb genommen wurde.
Einsatzorte der deutschen Funkaufklärung und durch diese festgestellte Aufmarschschwerpunkte bzw. ‑räume des polnischen Heeres vor Angriffsbeginn
Quelle: Eigene Unterlagen/U.a. Quelle 11
Darüber hinaus wurden die wenigen polnischen Panzerkräfte in Verbindung mit den Kavalleriebrigaden „Wielko-Polska“ und „Pomorska“ aufgeklärt.
Nicht erkannt wurden dagegen die operativen Reserven im Inneren von Polen, die Armee „Prussy“ im Raum Radom sowie die Gruppen „Kutno“ und „Wyszkow“, und der Aufmarsch der Armee „Karpaty“ entlang der polnisch-slowakischen Grenze, obwohl eine Feste Horchstelle mittlerweile sogar bis in die Slowakei vorgeschoben worden war. Die am meisten erwartete Information über die polnische Mobilmachung wurde im Übrigen erst am 1. September nach Anschluß an das polnische Postnetz durch Fernsprechaufklärung erfasst.
Ausgangslage der deutschen und polnischen Kräfte am 31. August 1939 und deutscher Operationsplan für den Angriff auf Polen
Quelle: Department of History, United States Military Academy
Ab Beginn der Kampfhandlungen konnte dann aber ein erheblich angewachsener polnischer Funkverkehr erfasst werden, was allerdings eine mehrtägige Einarbeitung der deutschen Funkaufklärung erforderlich machte.
In dieser ersten Phase scheint aber zunächst auch nur die Luftwaffe in der Lage gewesen zu sein, auf Grundlage von Meldungen der Funkaufklärung u.a. über polnische Truppentransporte sowie Luftwaffeneinsätze schnell und wendig Luftangriffe auf bzw. gegen diese durchzuführen. Durch ebenfalls erfasste polnische Meldungen über die Wirkung deutscher Luftangriffe hatte die Funkaufklärung somit wesentlichen Anteil am wirkungsvollen deutschen Luftwaffeneinsatz.
Bald nach Angriffsbeginn traten aber auch erhebliche Probleme beim mobilen Einsatz der vier Horchkompanien auf, wobei sich insbesondere die Draht-Nachrichtenverbindungen zur Horch-Leitstelle sowie die Meldeverbindungen zu den Auswertestellen bei den HGrOKdo und von dort zu den AOK als Schwachstellen sowie deren Bewertung und Nutzung der Aufklärungsergebnisse als sehr unterschiedlich erwiesen. Hinzu kam die zu starke Zentralisierung der Funkaufklärung durch die Horch-Leitstelle beim Stab HNW bzw. OKH.
Schon mit der ersten Verlegung der Horchkompanien nach Polen hinein rissen jedoch die Nachrichtenverbindungen zur Horch-Leitstelle meist ab, da auch die AOK – in deren Bereichen die Horchkompanien zum Einsatz kamen – in dieser Phase meistens keine Draht-Nachrichtenverbindungen mehr zu OKH/OKW hatten. In der Folge kam es zu „Nebeneinanderher-Arbeit“ von Horchkompanien und Auswertestellen einerseits sowie Festen Horchstellen und Horch-Leitstelle andererseits, was noch durch den unterschiedlichen Ausbildungsstand des jeweiligen Horch-Personals und dessen unterschiedliche Arbeitsweise verstärkt wurde.
Ab 5. bzw. 7. September 1939 wurden deshalb jeweils die Festen Horchstellen Cranz und Striegau sowie je zwei der mobilen Horchkompanien zu den Horch-Abteilungen Nord und Süd zusammengefasst sowie mit den beiden HGrOKdo auf Zusammenarbeit angewiesen, was aber nur das Problem der Draht-Nachrichtenverbindungen zwischen den Horchkompanien und der Horch-Leitstelle beseitigte, nicht aber das der Ergebnisübermittlung im Heeresgruppenbereich und durch die Festen Horchstellen. De facto arbeiteten die Horchkompanien deshalb aber immer mehr mit den AOK zusammen, in deren Bereichen sie eingesetzt waren, obwohl es auch hierbei aufgrund der meist großen Entfernungen zwischen den Einsatzräumen der Horchkompanien im Raumwellenbereich und den AOK-Gefechtsständen Probleme bei den Meldeverbindungen gab. Zudem gab es dadurch einen ständigen Konflikt zwischen ihrem eigentlichen Auftrag, für die HGrOKdo operative und logistische polnische Funkverkehre aufzuklären, und dem Interesse der AOK und Korps an taktischen polnischen Funkverkehren, deren Inhalte für diese wichtig waren.
Die zu deren Aufklärung eigentlich vorgesehenen Nachrichtenaufklärungszüge [4] bei den Divisionen blieben nämlich ohne Bedeutung für die Korps und AOK, da sie zwar die Ergebnisse an ihre Divisionen und die räumlich zuständige Horchkompanie meldeten, diese aber außerstande waren, diese Meldungen rechtzeitig auszuwerten und weiterzuleiten. Im Übrigen erzielten sie keine nennenswerten Ergebnisse.
Die Aufklärungsergebnisse der Horchkompanien wurden dabei in zunehmendem, aber sehr unterschiedlichem Ausmaß bei deren Operationsplanung berücksichtigt: Bei AOK 4 und 10 war dies besonders ausgeprägt – möglicherweise weil deren Oberbefehlshaber General der Artillerie Günther von Kluge 1933/34 Inspekteur der Nachrichtentruppe (siehe Bildtafel 29) bzw. General der Artillerie Walter von Reichenau 1929/30 Chef des Stabes der Inspektion der Nachrichtentruppe gewesen waren und dabei die Möglichkeiten der Funkaufklärung kennengelernt hatten.
Bei AOK 14 wurden die Ergebnisse der Funkaufklärung dagegen fast überhaupt nicht bei dessen Operationsplanung berücksichtigt und die Horchkompanie im Bereich des AOK 8 scheint zu langsam gearbeitet zu haben: Letzteres trat bei der Schlacht an der Bzura, der einzigen operativen Krise auf deutscher Seite, klar zu Tage.
Bilder oben: Lageentwicklung in Polen im Zeitraum 1. — 14. September 1939
und die Schlacht an der Bzura (9. — 19. September 1939),
Quelle: Department of History, United States Military Academy
In der Schlacht an der Bzura führten Kräfte der polnischen Armeen „Poznan“ und „Pomorze“, die deutscherseits schon als geschlagen betrachtet wurden, einen Gegenangriff in Flanke und Rücken der 8. Armee, was AOK 8 zwar durch erfasste Funksprüche bekannt wurde, aber erst, als es bereits zu spät war, noch rechtzeitig zu reagieren. Dagegen lagen Erkenntnisse der Funkaufklärung über diese o.a. Kräfte bei AOK 4 schon länger vor, wurden jedoch nicht ausgewertet und auch nicht an AOK 8 übermittelt. Ersteres wurde versäumt, weil diese Informationen die 4. Armee nicht unmittelbar betrafen, letzteres scheiterte an fehlenden direkten Nachrichtenverbindungen – sowohl per Drahtleitung, als auch Funkverbindung – zwischen diesen beiden AOK (siehe oben). Darüber hinaus haben aber auch die Auswertestelle bzw. der Stab der Horch-Abteilung beim HGrOKdo Nord oder die Horch-Leitstelle nicht für eine Weiterleitung dieser Informationen an HGrOKdo Süd bzw. AOK 8 gesorgt – sofern diese zumindest dorthin überhaupt übermittelt worden waren, was angesichts der zu dieser Zeit herrschenden Probleme im gesamten Nachrichtenverbindungssystem sowie der gerade laufenden Umorganisation und Dezentralisierung der Funkaufklärung eher fraglich erscheint.
Der Oberbefehlshaber der 10. Armee scheute dagegen nicht davor zurück, entgegen den Informationen aus anderen Quellen auf Grundlage der ihm von der Horchkompanie in seinem Bereich vorgelegten Erkenntnisse der Funkaufklärung über die Kräfte der Armeen „Poznan“ und „Pomorze“ rechtzeitig operative Maßnahmen einzuleiten, die dann im Zusammenwirken mit allen anderen beteiligten deutschen Kräften zur Einschließung und Zerschlagung der Armeen „Poznan“ und „Pomorze“ im Weichsel-Bzura-Dreieck führten.
Nach Abschluß der Kampfhandlungen und schrittweiser Herauslösung der Masse der HNachrTr aus dem Nachrichtenverbindungssystem in Polen sowie seiner Übergabe an die DRP Ende Oktober 1939 begann die Auswertung des Einsatzes der HNachrTr im Polenfeldzug durch den Stab HNW: Dabei wurde festgestellt, daß mit Ausnahme bei FüNachrRgt 40 Gliederung und Ausrüstung der Verbände und Einheiten der HNachrTr im Wesentlichen den Anforderungen dieses Krieges entsprochen hatten. Dagegen machten sich aber neben dem Fehl mindestens eines weiteren Führungs-Nachrichtenregiments sowie insbesondere anfangs ausreichender Baukräfte und Längen an Führungs-/Stecker-Fernkabel auch bei Organisation der gesamten Nachrichtenkräfte und ‑mittel erhebliche Probleme sowie Mängel bemerkbar, z.B. in Form von „Nebeneinanderher“ beim Einsatz der Nachrichtenverbände der einzelnen Führungsebenen – nicht nur von FüNachrRgt 40 und HGrNachrRgt 570 im Bereich der HGr Süd, sondern u.a. auch beim Abbau von FFKb-Leitungen (FFKbLtg) durch Korps-NachrRgt und anschließendem Neubau durch Armee-NachrRgt sowie beim Bau von „Drehkreuz“-Verbindungen im Armeebereich durch HGrNachrRgt und gleichzeitigen entsprechenden Bauaufträgen an Armee-NachrRgt …
Kabelnachschub in einem polnischen Dorf — Eine Korps-NachrAbt erhält vom Armee-NachrRgt Ersatz für die verbauten FFKb-Längen
Bildquelle: Bildtafel 38
Hinsichtlich der zunächst fehlenden und später z.T. immer noch unzureichenden Ausnutzung der Fernkabel sowie Verstärker- und Betriebsämter der polnischen Post wurde damals nur festgestellt, daß die eigentlich zur Koordinierung der sich hieraus ergebenden Aufgaben vorgesehenen und den Nachrichtenregimentern zugeordneten Feldnachrichtenkommandanturen (FNachrKdtr) oft für ganz andere Zwecke eingesetzt worden waren: Nicht selten wurden sie als Stäbe zweckentfremdet, um den Einsatz zeitweilig unterstellter zusätzlicher Nachrichtenkräfte und ‑mittel zu organisieren und zu leiten.
Aus heutiger Sicht ist jedoch darüber hinaus anzumerken, daß
- die FNachrKdtr auch zu spät – erst ca. zwei Wochen nach Angriffsbeginn – aufgestellt, mobilgemacht und den NachrRgt zugeordnet wurden – zu möglichen Gründen oder Ursachen enthalten die u.a. Quellen allerdings keine Angaben;
- entgegen den Erfahrungen während der Annexionen von Österreich und der Tschechoslowakei keine DRP-Spezialtrupps des verstärkten Postschutzes zur schnellstmöglichen Besetzung, Sicherung und Wiederinbetriebnahme der polnischen postalischen Nachrichten- und Funkanlagen, bereitgestellt und eingesetzt wurden;
- es anfangs zu keiner bzw. nur ungenügender Koordination zwischen Stab HNW/WNV und RPM – trotz dessen Betreibens – beim Einsatz von DRP-Kabelbautrupps zur planmäßigen Instandsetzung der teilweise stark beschädigten polnischen Fernkabel und Verstärkerämter kam.
Des Weiteren wurden im Rahmen der o.a. Auswertung durch den Stab HNW zahlreiche Probleme und Schwierigkeiten bei der Wiederinbetriebnahme von polnischen postalischen Nachrichtenverbindungen darauf zurückgeführt, daß es zudem oft ohne Wissen der zuständigen militärischen Stellen zu unkoordinierten Einsätzen von DRP-Bautrupps durch an Polen angrenzende RPD kam.
Auch hierzu ist aus heutiger Sicht jedoch darüber hinaus anzumerken, daß dabei vermutlich die o.a. fehlende bzw. nur ungenügende Koordination zwischen Stab HNW/WNV und RPM eine Rolle gespielt hat, aber auch der o.a. zu späte sowie oft auch zweckentfremdete Einsatz der FNachrKdtr.
Neben einigen entsprechenden Änderungen in den Einsatzvorschriften der HNachrTr führten die o.a. Feststellungen im Rahmen der o.a. Auswertung durch den Stab HNW vor allem zu einer strukturellen Neuregelung der Einsatz- und Führungsorganisation der HNachrTr auf Ebene der Armeen und Heeresgruppen: Zukünftig gab es dort neben den Kommandeuren (Kdr) der NachrRgt auch jeweils einen Nachrichtenführer, der sich nach Teilung des bisherigen Rgt-Stabes mit seinem kleinen Stab ausschließlich auf Planung, Organisation und Koordinierung der NachrVbdg im Armee- bzw. HGr-Bereich konzentrieren sollte. Von der Herauslösung dieser Aufgaben aus der Verantwortung der NachrRgtKdr versprach man sich bessere Rahmenbedingungen sowohl für die Durchführung dieser Aufgaben, als auch für die Führung der Nachrichtenkräfte und ‑mittel im Einsatz durch die NachrRgtKdr.
Ein weiterer Bereich der o.a. Auswertung durch den Stab HNW war der Einsatz zivilen DRP-Personals während des Polenfeldzug und die dabei aufgetretenen Probleme: Insbesondere dessen rechtlicher Status während ihres Einsatzes war zunächst unklar geblieben und es waren vorerst nur provisorische Regelungen – z.B. zu Einkleidung in Wehrmachtsuniform ohne Schulterklappen, Kennzeichnung mit gelber Armbinde mit der Aufschrift „Deutsche Wehrmacht“ sowie Ausstattung mit Gasmaske und ggf. Schußwaffe, wenn daran ausgebildet – gültig gewesen.
Diese Auswertung unter Einbeziehung des RPM führte zu einer grundsätzlichen Neuregelung des Einsatzes zivilen DRP-Personals in der Wehrmacht, wobei allerdings die Festlegungen zum Einsatz der nachrichtentechnischer Berater als Militärbeamte unverändert blieben. Bei allen anderen benötigten DRP-Kräften, den sogenannten „Fachtrupps“ wurde zukünftig zwischen ständig und zeitweilig zugeordneten Fachtrupps unterschieden: Die ständig zugeordneten Fachtrupps hatten Kombattantenstatus und trugen Wehrmachtsuniform; ihre Truppführer bzw. Vorarbeiter hatten in der Regel den Status eines „Sonderführers“ mit Befehlsbefugnis. Die nur zeitweilig zugeordneten Fachtrupps blieben dagegen in ihrem Dienstverhältnis zur DRP und kehrten nach ihren Einsätzen zu ihren DRP-Dienststellen zurück; sie trugen in der Regel keine Wehrmachtsuniform, hatten keinen Kombattantenstatus und zählten zum sogenannten „Wehrmachtsgefolge“.
Ergänzend zu den o.a. Punkten der o.a. Auswertung durch den Stab HNW ist aus heutiger Sicht jedoch darüber hinaus noch anzumerken, daß
- schon die separaten, doppelten Nachrichtenverbindungen zu den HGrOKdo und AOK für das OKW zu einer Kapazitätsverringerung und damit Überlastung des gesamten NachrVbdg-Systems führten;
- das Fehl mindestens eines weiteren Führungs-Nachrichtenregiments und zumindest gekaderter Armee- und HGr-NachrRgt auf Ablehnung des dazu erforderlichen Personalbedarfs beruhten;
- das Fehl insbesondere anfangs ausreichender Baukräfte bei FüNachrRgt 40 und der Einsatz nur einer leichten Blankdraht-Baukompanie erst ab 3. September offensichtlich auf zeitliche Verzögerungen bei Aufstellung und Mobilmachung der leichten Blankdraht-Baukompanien zurückzuführen ist;
- der bekanntermaßen unzureichende Vorrat an Führungs-/Stecker-Fernkabel nicht durch rechtzeitig verfügbare weitere leichte Blankdraht-Baukompanien (siehe oben) kompensiert werden konnte, was zum zeitweisen Abriß der Draht-NachrVbdg zu HGrOkdo Süd führte;
- es offensichtlich keine bzw. kaum Vorausplanungen des Stabes HNW für die Draht-NachrVbdg bei bzw. nach den ersten Gefechtsstandwechseln nach Polen gab, obwohl die durchaus endlichen Reichweiten dieser NachrVbdg bekannt waren und die zu überbrückenden Entfernungen spätestens im Rahmen der konkreten Operationsplanung bekannt geworden sein müssen – aber vielleicht war man zu optimistisch, dieses Problem mittels Funk überbrücken zu können und im Übrigen auch der eine oder andere Truppen- oder Nachrichtenführer gar nicht so unfroh, daß OKH-/OKW-„Gängelband“ loszuwerden;
- es erst zu einem verspäteten bzw. zu spätem Einsatz des Stabes der I./FüNachrRgt 40 im Bereich der HGr Nord zur Koordinierung bei Einrichtung sowie Betrieb von Vermittlungen und beim Neu-/Nachbau von Felddauerlinien kam, obwohl dieser Stab nach Abstellung ihrer Funkkompanie und einer ihrer FsprBtrbKp nach Zossen bereits Anfang August sowie Abgabe einer ihrer FFKb-Bau-Kp an Korps-NachrAbt 62 Ende August spätestens seitdem mit der Führung der einen verbliebenen FsprBtrbKp, deren Personal aber bis dahin auf zahlreiche Fernsprechverkehrsämter des polnischen Postnetzes verteilt war, und der einen verbliebenen FFKb-Bau-Kp, die für ihre Baueinsätze vermutlich auch jeweils einem der NachrRgt unterstellt wurde, fachlich kaum noch ausgelastet gewesen sein kann;
- es zwar äußerst aufwendig und schwierig gewesen wäre, zwischen den AOK der „Flügelarmeen“ der beiden Heeresgruppen – AOK 4 und AOK 8 – eine direkte Leitungsverbindung einzurichten und zu betreiben – es aber umso wichtiger und notwendiger gewesen wäre, einerseits in allen Bereichen sicherzustellen, daß eine ständige und sichere Funkverbindung hergestellt und gehalten werden kann, was offensichtlich anfangs sowohl personell, als auch organisatorisch versäumt wurde, und andererseits darüber hinaus zumindest eine ereignisorientierte Informationsweiterleitung über die HGrOKdo zu gewährleisten, wofür das Bewußtsein zumindest bei AOK 4 während der Schlacht an der Bzura wohl völlig fehlte, was aber als Problem des inhaltlichen Informationsmanagements über die Zuständigkeit der damaligen HNachrTr hinaus geht;
- im Bereich des Horchdienstes bzw. der Funkaufklärung nur eine halbherzige Umorganisation erfolgte, die eher zu einer Scheinlösung, denn zu einer Beseitigung der eigentlichen Probleme und Schwierigkeiten bei Zuordnung der Horchkompanien sowie deren Meldeverbindungen führte.
Insgesamt bestätigte sich aber dennoch im großen Ganzen die von der Inspektion der Nachrichtentruppe erarbeitete und in den großen Vorkriegsübungen erprobte Einsatzkonzeption der Heeres-Nachrichtentruppe unter Kriegsbedingungen sowohl im Positiven, als auch im Negativen: Während vorwärts der HGrOKdo die Heeresgruppen‑, Armee- und Korps-Stammleitungen dem schnellen Vormarsch folgen sowie die dabei geforderten Entfernungen entweder durch fahrbare Verstärkertrupps bei Blankdraht-Felddauerlinien, oder durch Pupin-Spulen bei FFKbLtg überbrückt werden konnten und Querverbindungen das Zusammenwirken der zahlreichen Vormarschkolonnen ermöglichten, war es nur unzureichend gelungen, rückwärts der HGrOKdo weitverkehrsfähige Nachrichtenverbindungen mit möglichst viel Weitsprech-Leitungen und mindestens einer 4‑Draht-WT-Verbindung bereitzustellen, so daß OKH/OKW die HGrOKdo und über diese die einzelnen AOK nicht jederzeit mit brauchbarer Verständigung erreichen konnten.
Diese insgesamt konzeptionelle, organisatorische, personelle sowie materielle und technische Bewährung der HNachrTr in ihrem ersten Kriegseinsatz trug aber auch mit dazu bei, daß ab 1. September 1939 in Polen ein verbrecherischer, deutscher Expansions‑, Raub- und Vernichtungskrieg geführt werden konnte, der gerade auch erst durch das zuverlässige Funktionieren der Nachrichtentruppen und der durch sie sichergestellten Nachrichtenverbindungen ermöglicht wurde. Durch erfasste polnische Meldungen über polnische Truppentransporte und Einsätze der polnischen Luftstreitkräfte sowie über die Wirkung deutscher Luftangriffe hatte dabei insbesondere die Funkaufklärung der HNachrTr nicht nur wesentlichen Anteil am wirkungsvollen deutschen Luftwaffeneinsatz gegen polnische Truppentransporte und die polnischen Luftstreitkräfte, sondern auch an kriegsverbrecherischen Luftangriffen auf unverteidigte polnische Städte und Ortschaften sowie deren Bevölkerung.
Quelle:
Tafel 38 der Bildtafelausstellung “Fernmeldetruppen – Gestern und heute”
Weitere Quellen und zusätzliche Informationen zum Thema:
- N., N.: Die Nachrichtentruppe im Zweiten Weltkrieg, in: Telegraphen-/ Nachrichten-/ Fernmeldetruppen und Führungsdienste – Führungsunterstützung seit 1899, Hrsg.: Fernmeldering e.V. 1999 – S. 99 ff.
- N., N.: Militärische Nutzung der Fernmeldenetze der Deutschen Reichspost 1918 — 1945, in: Telegraphen-/ Nachrichten-/ Fernmeldetruppen und Führungsdienste – Führungsunterstützung seit 1899, Hrsg.: Fernmeldering e.V. 1999 – S. 113 ff.
- Recke, Hans-Joachim: Die Entwicklung der Telegraphen- und Nachrichtentruppe, in: Antenne-Sonderausgabe „100 Jahre Fernmeldetruppen“, FmS/FSHElT 1999 – S. 6 ff.
- Kampe, Hans-Georg: Die Heeres-Nachrichtentruppe der Wehrmacht 1935 — 1945, 1994 – S. 92 ff.
- Eintrag zu „Führungs-/Stecker-Fernkabel“ bei www.der-fernmelder.de
- Randewig, Kunibert: 50 Jahre Deutsche Heeres-Funk- und Nachrichtenauklärung – Ein Rückblick im Jahre 1964 auf ihre organisatorische Entwicklung von 1914 — 1945, in: Telegraphen-/ Nachrichten-/ Fernmeldetruppen und Führungsdienste – Führungsunterstützung seit 1899, Hrsg.: Fernmeldering e.V. 1999 – S. 39 ff.
- Randewig, Kunibert: Die Organisation der deutschen Nachrichtenaufklärung 1918 — 1945, in: Praun, Albert: Eine Untersuchung über den Funkdienst des russischen, britischen und amerikanischen Heeres im Zweiten Weltkrieg vom deutschen Standpunkt aus, unter besonderer Berücksichtigung ihrer Sicherheit; Neumarkt — St. Veit – 1950
- Heydorn, Volker Detlef: Nachrichtennahaufklärung (Ost) und sowjetrussisches Heeresfunkwesen bis 1945 – Einzelschriften zur militärischen Geschichte des Zweiten Weltkriegs 28, Hrsg.: MGFA 1985 – S. 60 ff.
- Arazi, Doron: Die deutsche militärische Funkaufklärung im Zweiten Weltkrieg – Versuch eine Überblicks, in: Der Zweite Weltkrieg – Analysen — Grundzüge — Forschungsbilanz, Hrsg. im Auftrag des MGFA: Michalka, Wolfgang; Piper – Oktober 1989
- Wildhagen, Karl-Heinz (Hrsg.): Erich Fellgiebel – Meister operativer Nachrichtenverbindungen, S. 70 — 75 und S. 90 — 95
- Uffelmann, Peter: Zur Geschichte und Entwicklung der Fernmeldeaufklärung im deutschen Heer, S. 5 ff. – Im Zweiten Weltkrieg; Unterrichtshilfe für die Offizieranwärter-Zusatzausbildung in der FmAusbKp 5/III, 1987/1988
[1] siehe www.der-fernmelder.de/feldkabelbau/fuehrungsfernkabel/
[2] der spätere erste Vorsitzende des Fernmelderings e.V (1961 — 1972)
[3] In den Luftnachrichten-Regimentern der Luftflotten gab es eine Fliegerstaffel, die vor allem mit diesen sogenannten „Nachrichten-Ju 52“ ausgestattet waren, um Nachrichtenverbindungen zu nicht ausgebauten, eingenommenen Flugplätze herzustellen.
[4] Soll-Personalstärke: 16, Ist-Personalstärke meist deutlich geringer: z.B. 0/1/6//7 (ZgFhr und Auswerter, je 2 Horchfunker und Dolmetscher sowie je 1 MKf und Kradmelder); je ein Fu H.E. c/u (730 — 25.000 kHz, A3-Sprechfunk) und Tornisterempfänger b (100 — 6970 kHz, A1-Tastfunk)