Tafel 25 und 31 der Bildtafelausstellung “Fernmeldetruppen – Gestern und heute”

Nach Vor­stel­lung der Bild­ta­feln zur Nach­rich­ten­trup­pe in der Reichs­wehr (1921 — 1932) wird die Serie zu o.a. Bild­ta­fel­aus­stel­lung mit der Vor­stel­lung der Bild­ta­feln zur Aus­bil­dung in der Nach­rich­ten­trup­pe der Reichs­wehr sowie zur Hee­res- und Luft-Nach­rich­ten­schu­le fort­ge­setzt.  

Oberst a.D. Peter Uffel­mann

In einer im Janu­ar 1921 ver­fass­ten Stu­die for­der­te der Chef der Hee­res­lei­tung, der dama­li­ge Gene­ral der Infan­te­rie von Seeckt, „…durch Aus­bil­dung der Ange­hö­ri­gen der Reichs­wehr zu höchs­ter Voll­kom­men­heit sehr wich­ti­ge per­so­nel­le Vor­aus­set­zun­gen für ein künf­ti­ges Mas­sen­heer zu schaf­fen.“

In die­sem Sin­ne erschien etwa um die glei­che Zeit ein ers­tes Merk­blatt für die Aus­bil­dung der Nach­rich­ten­trup­pe (Nach­rTr), das im März 1922 durch die ers­te Fas­sung der Hee­res­druck- bzw. ‑dienst­vor­schrift (H.Dv.) Nr. 421 „Der Nach­rich­ten­dienst im Reichs­heer“ ersetzt wur­de. Mit der Her­aus­ga­be ihrer zwei­ten Fas­sung am 11. Dezem­ber 1924 erhielt sie den end­gül­ti­gen Titel „Aus­bil­dungs­vor­schrift für die Nach­rich­ten­trup­pe“ („A.V.N.“)

Die­se danach noch mehr­mals über­ar­bei­te­te und ergänz­te Vor­schrift sowie wei­te­re vier die Aus­bil­dung in der Nach­rTr behan­deln­de „A.V.N.-Hefte“ – dabei u.a. „Richt­li­ni­en für die Aus­bil­dung“ sowie „Glie­de­rung und Ein­satz der Nach­rich­ten­ver­bän­de“ – tru­gen wesent­lich dazu bei, daß in den zwan­zi­ger Jah­ren die Mas­se der Ange­hö­ri­gen der Reichs­wehr-Nach­rich­ten­ab­tei­lun­gen zu viel­sei­ti­gen Nach­rich­ten­spe­zia­lis­ten aus­ge­bil­det wur­de. Nicht zuletzt rea­li­sier­te man damit auch die o.a. For­de­rung der Hee­res­lei­tung, die Reichs­wehr zu einem hoch­qua­li­fi­zier­ten „Füh­rer­heer“ zu ent­wi­ckeln. Auf die­se Wei­se wur­den bereits in den 1920-er Jah­ren nicht nur die theo­re­ti­schen Grund­la­gen, son­dern auch die not­wen­di­gen aus­bil­dungs- und ein­satz­mä­ßi­gen Vor­aus­set­zun­gen für den spä­te­ren Neu­auf­bau der Hee­res-Nach­rTr in den 1930-er Jah­ren geschaf­fen.

Bei Bil­dung der Divi­si­ons­nach­rich­ten­ab­tei­lun­gen Ende 1920/Anfang 1921 waren aller­dings die Per­so­nal­la­ge und sons­ti­gen Rah­men­be­din­gun­gen für die Aus­bil­dung in der Nach­rTr ziem­lich schlecht: Nach dem Ende des 1. Welt­kriegs waren die ehe­ma­li­gen Nach­rich­ten­of­fi­zie­re und ‑spe­zia­lis­ten der „Alten Armee“ zum größ­ten Teil zur Reichs­post oder in die Indus­trie abge­wan­dert, weil sie dort erheb­lich bes­se­re beruf­li­che Chan­cen sahen und z.T. auch hat­ten. Des­halb stan­den anfangs nur weni­ge gut aus­ge­bil­de­te Nach­rich­ten­of­fi­zie­re und ‑spe­zia­lis­ten als Aus­bil­der zu Ver­fü­gung.

Dar­über hin­aus wur­de der Aus­bil­dungs­pro­zeß in der Nach­rich­ten­trup­pe der Reichs­wehr ent­schei­dend geprägt vom Cha­rak­ter der Reichs­wehr als typi­scher Kader­ar­mee ohne Grund­wehr­dienst­leis­ten­de sowie von der zwölf­jäh­ri­gen Dienst­zeit ihrer Unter­of­fi­zie­re und Mann­schaf­ten: Nach einer fast halb­jäh­ri­gen All­ge­mei­nen Grund­aus­bil­dung erhiel­ten die Nach­rich­ten­sol­da­ten in den Nach­rich­ten­ab­tei­lun­gen (Nach­rAbt) sowohl eine soli­de infan­te­ris­ti­sche und kaval­le­ris­ti­sche, als auch eine uni­ver­sel­le Aus­bil­dung in Nach­rich­ten­tech­nik und Nach­rich­ten­mit­tel­ein­satz, wobei man „Fuß­dienst“ und „Tech­ni­schen Dienst“ unter­schied. 

Bild:

Aus­bil­dungs­lehr­saal einer Nach­rAbt

Im „Fuß­dienst“ ver­voll­komm­ne­te der Sol­dat sei­ne infan­te­ris­ti­schen und kaval­le­ris­ti­schen Fähig­kei­ten u.a. im Exer­zier- und Schieß­dienst sowie im Stall­dienst ein­schließ­lich Pfer­de­pfle­ge und Rei­ten. Dage­gen umfaß­te der „Tech­ni­sche Dienst“ als stark pra­xis­ori­en­tier­te Ein­zel­aus­bil­dung alle Zwei­ge der Nach­rich­ten­aus­bil­dung: Den Feld­ka­bel- und Blank­draht­bau, den Auf­bau und Betrieb von Fern­sprech­zen­tra­len sowie von Funk- und Blinkstel­len, das Ver- und Ent­schlüs­seln von Funk- und Fern­sprü­chen sowie die Bedie­nung und War­tung von Moto­ren bzw. Strom­erzeu­ger­ag­gre­ga­ten. Dem­zu­fol­ge konn­te jeder Nach­rich­ten­sol­dat der Reichs­wehr als Fern­spre­cher oder Blin­ker, in der Regel auch als Fun­ker ver­wen­det wer­den. 

Bil­der: Ein­zel­aus­bil­dung im Geben (links) und Auf­neh­men (rechts) von Funk­sprü­chen

Die eben­falls stark pra­xis­ori­en­tier­te Trupp‑, Zug- und Kom­pa­nie­aus­bil­dung dien­te nicht nur zur Her­stel­lung der Geschlos­sen­heit der jewei­li­gen Teil­ein­hei­ten und Ein­hei­ten, son­dern auch der Her­aus­bil­dung von Führ­er­ei­gen­schaf­ten bei den im Ein­satz­fall für Füh­rungs­funk­tio­nen vor­ge­se­he­nen Nach­rich­ten­sol­da­ten und ‑unter­of­fi­zie­ren.

Bil­der: Trup­paus­bil­dung im Feld- bzw. Feld­fern­ka­bel­bau

und am Abspann­bock einer Ver­mitt­lung sowie Funk­aus­bil­dung im Gelän­de

Zweck der Aus­bil­dung im Nach­rich­ten­ver­bin­dungs­dienst war gem. der spä­te­ren H.Dv. 421/1a – A.V.N., Heft 1a von 1938 schnel­les Her­stel­len und Betrei­ben der Nach­rich­ten­ver­bin­dun­gen durch Beherr­schen von Lei­tungs­bau, Fern­sprech­be­trieb und (Ent-)Störungsdienst bzw. des Funk­be­triebs. Dazu soll­te ins­be­son­de­re die Trupp- und Ver­bands­aus­bil­dung feld- und kriegs­mä­ßig in prak­ti­scher Form am jewei­li­gen Gerät und unter Beach­tung der Gerä­te­pfle­ge erfol­gen.

Bild:

Titel­blatt der H.Dv. 421/1a – A.V.N. Heft 1a

Eine eige­ne Trup­pen­schu­le hat­te die Nach­rTr gemäß den Bestim­mun­gen des Ver­sailler Ver­tra­ges bis 1934 nicht – man behalf sich bei der fach­li­chen Aus­bil­dung der Nach­rich­ten­of­fi­zie­re mit einer der Artil­le­rie­schu­le in Jüter­bog unter­stell­ten Inspek­ti­on („Abtei­lung D“).
Am 01.04.1934 erhielt die­se „Abtei­lung D“ die (vor­erst noch geheim gehal­te­ne) Bezeich­nung „Hee­res-Nach­rich­ten­schu­le“, an der sowohl Heeres‑, als auch Luft­nach­rich­ten­lehr­gän­ge durch­ge­führt wer­den sol­len. Als even­tu­el­le Stand­or­te waren Göt­tin­gen, Straus­berg bei Ber­lin oder Hal­le an der Saa­le vor­ge­se­hen.
Am 01.06.1934 wur­de dann die Bil­dung einer eigen­stän­di­gen Nach­rich­ten­schu­le der Reichs­wehr im Armee-Nach­rich­ten­blatt offi­zi­ell bekannt­ge­ge­ben, die am 01.10.1934 in „Hee­res- und Luft-Nach­rich­ten­schu­le“ umbe­nannt wur­de.
Am 03.06.1935 wur­de schließ­lich die Ver­le­gung der Hee­res- und Luft-Nach­rich­ten­schu­le und ihrer Nach­rich­ten-Lehr­trup­pen­tei­le nach Hal­le bis zum 15.September ange­ord­net, wor­auf die­se am 31.07.1935 im Rah­men einer pro­pa­gan­dis­ti­schen Groß­ver­an­stal­tung in ihre neue Gar­ni­son in Hal­le ein­rück­te. Hier waren inzwi­schen mehr als 160 neue Gebäu­de errich­tet wor­den bzw. noch im Bau.

Bil­der: Kaser­nen­plan und Ansichts­kar­te zur Hee­res- und Luft-Nach­rich­ten­schu­le

Dort erfolg­te nun seit­dem die nach­rich­ten­tech­ni­sche Aus­bil­dung in Lehr­gän­gen für Offi­zie­re, Ober­fähn­ri­che, Funk­meis­ter, Zug­füh­rer und Unter­of­fi­zier­an­wär­ter der Nach­rich­ten­trup­pe und Trup­pen-Nach­rich­ten­ver­bän­de.

Bil­der:

Epi­so­den aus der täg­li­chen Aus­bil­dungs­pra­xis

Am 08.10.1936 wur­de die Hee­res- und Luft-Nach­rich­ten­schu­le Hal­le orga­ni­sa­to­risch in zwei eigen­stän­di­ge Trup­pen­schu­len des Hee­res und der Luft­waf­fe auf­ge­teilt.

Bild:

Jah­res­aus­bil­dungs­ka­len­der in einer Nach­rAbt

Ins­ge­samt hat das Aus­bil­dungs­sys­tem in der Nach­rTr  der Reichs­wehr mit sei­nem regel­mä­ßi­gem Wech­sel zwi­schen theo­re­ti­scher und prak­ti­scher sowie all­ge­mein-mili­tä­ri­scher und fach­li­cher Aus­bil­dung in Ver­bin­dung mit Übun­gen und Manö­vern einen Stamm von Nach­rich­ten­sol­da­ten geschaf­fen, die spä­ter fast aus­nahms­los Füh­rungs- und Aus­bil­dungs­funk­tio­nen in der ab 1933 rasant auf­wach­sen­den Hee­res-Nach­rich­ten­trup­pe über­neh­men konn­ten und damit deren schnel­len Auf­wuchs erst mög­lich mach­ten.



Quel­le:

Tafel 25 und 31 der Bild­ta­fel­aus­stel­lung “Fern­mel­de­trup­pen – Ges­tern und heu­te”


Wei­te­re Quel­len und zusätz­li­che Infor­ma­tio­nen zum The­ma:

  1. Recke, Hans-Joa­chim: Die Ent­wick­lung der Tele­gra­phen- und Nach­rich­ten­trup­pe, in: Anten­ne-Son­der­aus­ga­be „100 Jah­re Fern­mel­de­trup­pen“, FmS/FSHElT 1999 – S. 6 ff.
  2. Fern­mel­de­trup­pe und Mili­tär auf der Sei­te von Oberst a.D. Mil. His­to­ri­ker Dipl. Ing.oec. Hans-Georg Kam­pe (†)
  3. Kam­pe, Hans-Georg: Die Hee­res-Nach­rich­ten­trup­pe der Wehr­macht 1935 — 1945, 1994 – S. 7 ff.
  4. Grabau, Rudolf: Die Schu­len der Nach­rich­ten­trup­pe und Fern­mel­de­trup­pe mit ihren Lehr­trup­pen­tei­len 1884 — 2014, in: F‑Flagge 4–2015 – S. 51 ff.
  5. H.Dv. 421/1a – A.V.N., Heft 1a vom 24.08.1938 unter https://drive.google.com/file/d/13n5wWaFLXdB8yidvRncL-5LdDSLndJld/view