Lange hatte es gedauert, bis alle Formalitäten erfüllt und ein passender Termin gefunden war: Bei strahlender Nachmittagssonne konnte endlich am 25. April 2025 vor dem Haus in der Wrangelstraße 10 in Berlin-Steglitz eine Gedenktafel zur Erinnerung an General der Nachrichtentruppe (GenNachrTr) Erich Fellgiebel enthüllt werden, der von 1938 — 1942 in diesem Haus gelebt hatte.
Obergefreiter der Reserve Johannes Heesch/Oberstleutnant Herbert Singer
Seine Enkelin, Barbara Fellgiebel, hatte zu dieser Feierstunde eingeladen, die sich dank der Redebeiträge und Gäste zu einer lebhaften Diskussion entwickelte. Fragen wurden gestellt, ergänzende Beiträge gehalten und so bekam die Veranstaltung einen lebhaften, spontanen sowie dadurch einen umso würdigeren Charakter, der, so Barbara Fellgiebel, ganz im Sinne ihres Großvaters gewesen wäre und seinem Wesenszug entsprochen hätte.

Lebhafte Diskussion vor dem früheren Wohnhaus von GenNachrTr Fellgiebel — Barbara Fellgiebel (ganz rechts), StFw Reno Schmidt und OSG Florian Nierle
So richteten u.a. auch Lars-Broder Keil, Leiter des Axel-Springer-Unternehmensarchivs, und Dr. Bettina Bouresh, Vorsitzende der Lehndorff-Gesellschaft, einige Worte an die rund 30 Gäste. Keil verwies noch mal auf die jahrzehntelange Vernachlässigung, Herabwürdigung sowie Abwertung der Rolle von GenNachrTr Fellgiebel für den militärischen Widerstand vom 20. Juli 1944 und zeigte sich zufrieden mit der späten Anerkennung, welche diesem seit einiger Zeit widerfahre.
Barbara Fellgiebel verwies in ihrer Einführung auf den besonderen Einsatz von Dr. Hans-Dirk Rommel, einem Nachbarn ihres Großvaters, sowie von Brigadegeneral (BrigGen) Rainer Simon für diese Gedenktafel und damit für die Bedeutung des Erinnerungsortes Wrangelstraße 10 in Berlin-Steglitz. Nach einer ersten Gedenkveranstaltung im Jahre 2021 habe es viele Irr- und Umwege gegeben, insbesondere die „politischen Umwege“ im Bezirk Steglitz, die zu dieser jahrelangen Verzögerung geführt hätten. 2024 schließlich habe BrigGen Simon, damals Kommandeur des Ausbildungszentrums Cyber- und Informationsraum (AusbZ CIR) in der General-Fellgiebel-Kaserne in Pöcking, beschlossen, die Dinge in die Hand zu nehmen und stiftete diese Gedenktafel.
Ihr Großvater habe sich inmitten der Schrecken des Nationalsozialismus mutig gegen das Regime gestellt und sich für die Werte eingesetzt, die auch heute so wichtig seien: Freiheit, Menschlichkeit sowie Gerechtigkeit. Sein Engagement für den militärischen Widerstand gegen das NS-Regime sei nicht nur eine persönliche Entscheidung gewesen, sondern ein Akt des Mutes, der viele inspiriert habe. Besonders symbolisch sei dabei dieser Ort: Gegenüber der Jüdischen Blindenanstalt, einem Ort, der für die Verletzlichkeit und das Leid der Menschen stehe, zeige die Gedenktafel, daß die Erinnerung an die Opfer des Unrechts wachgehalten werde müsse. „Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, daß die Werte, für die mein Großvater gekämpft hat, auch in Zukunft lebendig bleiben. Möge diese Tafel ein Ort der Reflexion und des Gedenkens sein,“ rief Barbara Fellgiebel die Gäste auf.

Enthüllung der Gedenktafel durch die
Ur-Urenkelinnen von GenNachrTr Fellgiebel und Barbara Fellgiebel

Die Gedenktafel
In Vertretung von BrigGen Simon, der aufgrund seiner kurzfristigen Versetzung zum Kommando CIR nicht an der Gedenkveranstaltung teilnehmen konnte, erinnerte Oberstabsgefreiter (OStGefr) Florian Nierle daran, daß die Wehrmacht aufgrund ihrer Verwicklung in die Verbrechen des NS-Staates generell kein Vorbild und auch nicht traditionsstiftend für die Bundeswehr sein könne.
Gleichwohl habe das AusbZ CIR mit GenNachrTr Fellgiebel eine Traditionslinie zu einem hohen General der Wehrmacht: Denn der Traditionserlaß der Bundeswehr eröffne unter besonderen Voraussetzungen, wie etwa der Beteiligung am militärischen Widerstand gegen das NS-Regime oder besonderen Verdiensten um den Aufbau der Bundeswehr, die Möglichkeit, Angehörige der Wehrmacht in die Tradition der heutigen Streitkräfte zu integrieren.
„General Fellgiebel war Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 und ist dafür hingerichtet worden. Eines der Ziele der Verschwörer war, neben der Beseitigung Hitlers, die Wiederherstellung des Rechts. Dieses Eintreten für das Recht, unter Einsatz seines Lebens, macht Fellgiebel, neben seiner fachlichen Exzellenz, auch für eine moderne Armee der freiheitlich demokratischen Grundordnung zum Vorbild,“ so OStGefr Nierle. Daher sei er als NS-Widerstandskämpfer schon 1960 als Namensgeber der damals neuen Kaserne in Pöcking vom damaligen Verteidigungsminister Franz Josef Strauß gewürdigt worden.

Das frühere Wohnhaus von GenNachrTr Fellgiebel in der Wrangelstraße 10 in Berlin-Steglitz
Sören Grawert, Abgeordneter in der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf, stellte in Aussicht, daß eine weitere Stele mit Informationen zur Widerstandsrolle von GenNachrTr Fellgiebel geplant sei: Deren Aufstellung solle demnächst erfolgen.
Autoren: Obergefreiter der Reserve Johannes Heesch und Oberstleutnant Herbert Singer.
OTL Singer ist Pressestabsoffizier des AusbZ CIR. Fotos: Bundeswehr/Johannes Heesch