Ein besonderes Stück Weinkultur

Ein besonderes Erlebnis unseres diesjährigen Treffens war der Besuch im „Staatlichen Hofkeller zu Würzburg“. In einer kurzweiligen, fachlich sehr kundigen Führung sind wir für ca. 1 Stunde in die Welt des Weinanbaus und in die Hintergründe des ältesten urkundlich belegten Weinguts in Deutschland eingetaucht. Der heutige „Staatliche Hofkeller Würzburg“ ist mit einer Jahresproduktion von rund 850.000 Flaschen das drittgrößte Weingut in Deutschland. Es wurde als Hofkeller durch eine Schenkung des Würzburger Bischofs Embricho bereits im Jahr 1184 in Zell nahe Würzburg gegründet. 

Jahrhunderte später entstanden unter der fürstbischöflichen Residenz von Würzburg, die den Jahren 1720 bis 1744 erbaut wurde, die riesigen Gewölbe des „Staatlichen Hofkellers“ mit einer Fläche von ca. 4557 Quadratmeter. Seither lagern dort die Weine des Staatlichen Hofkellers. 

Der offizielle Eingang in den altehrwürdigen Weinkeller führt über eine steile Treppe zum sogenannten „Kellerrecht“. Hier sind auf einem Ölgemälde des späten 18. Jahrhunderts die gültigen Verhaltensregeln zur Zeit des Fürstbischofs Franz Ludwig von Erthal in Wort und Bild festgehalten.

Das Kellerrecht:
Es ist verboten…
das Zanken, Fluchen, Zoten reißen,
mit großen Worten um sich schmeißen,
das Kratzen, Schreiben an den Wänden,
das Klopfen an die Faß mit Händen,
Fürwitz und ander Ungebier,
geziemet sich durchaus nicht hier!

Als erstes haben wir dann den Stückfasskeller besucht. Er ist durchaus als Kernstück des historischen Weinkellers zu sehen. Hier ruhen rund 100 kleine Holzfässer, die Stückfässer, auf einem historischen Doppellager aus Holzregalen. Das „Stück“ ist eine alte fränkische Maßeinheit und beinhaltet ca. 1200 Liter. Auch heute kann man sich von einem Büttnerbetrieb ein Holzfass mit entsprechenden Verzierungen machen lassen und mit der Übernahme einer Fasspatenschaft zum Erhalt des Weinkulturerbes beitragen. Als Mitglied im Club der Fasspaten kann man dann an exklusiven Clubveranstaltungen im historischen Weinkeller teilnehmen.

In einem weiteren Gewölbe befindet sich das sogenannte „Schwedenfass“, welches den weltweit ältesten noch genießbaren Wein enthielt. Das Fass wurde um 1683 vom Würzburger Bischof Konrad von Wernau in Auftrag gegeben, um darin letztlich die Reste des „Jahrtausendweins“ von 1540 aufzubewahren. Das Jahr 1540 war ein ausgesprochen trockenes Jahr, dass diesem ursprünglich süßen Wein seine besondere Qualität und letztlich das Prädikat „Jahrtausendwein“ verlieh. Dieser alte Rieslingwein der Lage „Würzburger Stein“ wurde im Zuge des dreißigjährigen Krieges 1631 vor den anrückenden schwedischen Truppen unter König Gustav Adolf im Wald vergraben. In den Wirren des noch weitere 17 Jahre andauernden Krieges ging das Wissen um die Vergrabungsstelle verloren. Erst 1684 wurden die vergrabenen Flaschen im Gramschatzer Wald bei Würzburg wiederentdeckt. Der Fürstbischof ließ jetzt das neue Fass mit dem mittlerweile schon fast 150 Jahre alten Wein befüllen – und das „Schwedenfass“ war geboren. Der bayerische König Ludwig II. ließ den verbliebenen Rest aus dem Schwedenfass später in Flaschen abfüllen, um mit dem Verkauf seinen kostspieligen Lebensstil und den Bau seiner Märchenschlösser zu finanzieren.  Mit den Jahren blieben von dem Wein nur noch wenige Flaschen übrig. Im Weinkeller des „Bürgerspitals“, dem Restaurant, in dem wir beim Jahrestreffen unser festliches Abendessen einnahmen, steht übrigens, hinter Panzerglas wohltemperiert geschützt, eine der letzten, vielleicht sogar die letzte volle Flasche des legendären Jahrtausendweins. Noch im Jahr 1961 wurde bei einer Raritätenprobe in London eine Flasche dieses Weins vom Weinkenner und Autor Hugh Johnson verkostet und festgestellt: „Die zur Zelt älteste Flasche Wein, die je mit Genuss getrunken wurde – sie war 421 Jahre alt – es war ein Steinwein, also ein Wein aus der steilen Lage Stein oberhalb von Würzburg, der schönen Barockstadt am Main.“ Und er führt weiter aus: „ der 1540er Würzburger Stein war noch lebendig, Nichts hatte mir bis dahin so klar vor Augen geführt, dass Wein wahrhaftig ein lebendiger Organismus ist, denn diese braune madeiraähnliche Flüssigkeit vor mir hielt noch immer die aktiven Lebenselemente in sich fest, die sie von der Sonne jenes längst vergangenen Sommers in sich aufgenommen hatte.
Auf nur schwer fassbare Weise ließ dieser Wein sogar seinen deutschen Ursprung ahnen. Etwa zwei Schluck konnten wir von der jahrhundertealten Substanz nehmen, ehe sie durch die Berührung mit der Luft verging, ihren Geist aufgab …“
 
(Hugh Johnson ist der Autor des Buches „Der große Weinatlas“, einer „Bibel“ für Weinliebhaber).

Im weiteren Verlauf unserer Führung haben wir dann noch die 3 „Beamtenweinfässer bewundern dürfen. Dabei handelt es sich um drei große Weinfässer aus dem Jahr 1784 mit einem Fassungsvermögen von insgesamt rund 100.000 Litern. Da in den Fässern die steuerlichen Pflichtabgaben, der Abgabe-Zehnt der Weinbauern gesammelt wurde, kann man mutmaßen, dass es sich bei diesem Wein nicht um den qualitativ hochwertigsten Wein gehandelt hat. Als flüssiger Sold für die Hofbediensteten war er aber wohl hinreichend. Wir durften an dieser Stelle schließlich einen ausgezeichneten Silvaner aus der Weinlage Würzburger Stein genießen. Mit einer kleinen Einweisung in die 14 Lagen und 10 Weinorten in 4 Terroirs des „Staatlichen Hofkellers zu Würzburg“ endete unser Besuch in den Gewölben unter der Würzburger Residenz.

Das Kellerrecht – in Bild und Wort am Ende des Treppenabstiegs zum Weinkeller

Der Stückfasskeller mit seinem imposanten Kronleuchter

Oberstabsfeldwebel Wilhelm Fischer vor dem „Schwedenfass“ von 1684

Die drei großen Beamtenweinfässer im Staatlichen Hofkeller zu Würzburg

Text und Bilder von O a.D. Warnicke