AFCEA — 15. Koblenzer IT-Tagung

Bild 1 — Akteu­re der Koblen­zer IT-Tagung, GL Lutz Kohl­haus (2. v. l.), BG Armin Fleisch­mann (3. v. l.), Bür­ger­meis­te­rin Ulri­ke Mohrs (4. v. l.) BG Dr. Vol­ker Pötsch (5. v. l.), GL Micha­el Vet­ter (6. v. l.) und BG Micha­el Volk­mer (rechts)
Foto: AFCEA Bonn e.V.

Am 14. Sep­tem­ber 2023 war ich gemein­sam mit unse­rem Vor­sit­zen­den, Herrn Oberst i.G. Kai Heß, für den Fern­mel­de­ring auf der 15. Koblen­zer IT-Tagung ver­tre­ten. Die­ses tra­di­tio­nell im Herbst statt­fin­den­de und 2004 von AFCEA Bonn e.V. und dem dama­li­gen IT-Amt der Bun­des­wehr gemein­sam ins Leben geru­fe­ne Ver­an­stal­tungs­for­mat ist seit gerau­mer Zeit ein jähr­li­ches High­light im AFCEA-Ver­an­stal­tungs­ka­len­der (Aus­nah­me die “Coro­na-Jah­re” 2020 und 2021), an dem sich hoch­ka­rä­ti­ge Mili­tärs aus dem IT-Bereich mit Indus­trie und Wis­sen­schaft zu einem Infor­ma­ti­ons­aus­tausch zusam­men­fin­den. Seit 2013 hat die AFCEA Bonn e.V. die Ver­an­stal­tung mit dem 2012 gegrün­de­ten BAAINBw wei­ter­ge­führt, in die­sem Jahr erneut unter dem Ober­the­ma Künst­li­che Intel­li­genz & Inno­va­ti­on. In zwei Infor­ma­ti­ons­blocks wur­den die The­men ” Digi­ta­li­sie­rungs­platt­form Bun­des­wehr” und “KI-Unter­stüt­zung in der Zivil-mili­tä­ri­schen Zusam­men­ar­beit” behan­delt.

Etwas schwä­cher besucht als gewohnt, haben rang­ho­he Mili­tärs der Luft­waf­fe dies­mal das Bild domi­niert. Nach den zwei Infor­ma­ti­ons­blocks wur­de in einer jeweils anschlie­ßen­den Podi­ums­dis­kus­si­on das The­ma abge­run­det. Danach gab es ins­ge­samt noch 12 Sta­tio­nen, bei denen die Indus­trie, die Amts­sei­te und die Wis­sen­schaft Vor­füh­run­gen und Pro­dukt­de­mos anbot. Von denen konn­te man drei für jeweils rund 30 Minu­ten besu­chen — eine inter­es­san­te neue Art eines Infor­ma­ti­ons­raums für eine der­ar­ti­ge Ver­an­stal­tung. Zum Abschluss gab es noch einen Vor­trag “Out of the Box”, der uns in die Welt des Fuß­balls ent­führ­te. Aber der Rei­he nach. 

Nach der Begrü­ßung der über 300 ange­mel­de­ten Tagungs­teil­neh­mer durch den Vor­sit­zen­den der AFCEA Bonn e.V., Bri­ga­de­ge­ne­ral Armin Fleisch­mann und der Ein­füh­rung in die Tagung durch den Abtei­lungs­lei­ter der Abtei­lung Infor­ma­ti­ons­tech­nik des BAAINBw, Herrn Bri­ga­de­ge­ne­ral Dr. Vol­ker Pötsch, kam die Bür­ger­meis­te­rin der Stadt Koblenz, Frau Ulri­ke Mohrs in Ver­tre­tung des Herrn David Lang­ner, OB der Stadt Koblenz und Schirm­herr der Ver­an­stal­tung, zu ihrem Gruß­wort. Sie hob die Bedeu­tung der Bun­des­wehr mit den rund 11.000 Sol­da­ten und Bediens­te­ten als wich­ti­gen Arbeit­ge­ber in Koblenz her­vor. Als IT-Stadt sieht sich Koblenz eng mit der Bun­des­wehr ver­bun­den. Sie führ­te wei­ter aus, dass sich die Stadt, wie vie­le ande­re Berei­che auch, mit einem Fach­kräf­te­man­gel im IT-Bereich aus­ein­an­der­set­zen muss. Aber man wer­de sich dem Wan­del stel­len und gestal­tend mit einem flä­chen­de­cken­den Glas­fa­ser­netz auch der Bun­des­wehr eine leis­tungs­fä­hi­ge und siche­re IT-Infra­struk­tur bereit­stel­len. Das sei ins­be­son­de­re auf­grund der zah­len­mä­ßig anstei­gen­den  Cyber-Atta­cken im Netz von beson­de­rer Bedeu­tung. 

Bild 2 — BG Armin Fleisch­mann bei sei­ner Begrü­ßung 

Mit der Key­note durch den Abtei­lungs­lei­ter der Abtei­lung Cyber und Infor­ma­ti­ons­tech­nik (CIT) im BMVg, Herrn Gene­ral­leut­nant Micha­el Vet­ter, wur­de schnell klar, dass mit der „Zei­ten­wen­de“ auch ein tech­ni­scher Tsu­na­mi ein­her­geht. Nach sei­ner Mei­nung ände­re sich mit der Stei­ge­rung der Sen­so­rik auf allen Ebe­nen und in allen Berei­chen im Prin­zip alles auf dem Gefechts­feld. Die Grund­la­gen der Ope­ra­ti­ons­füh­rung wer­den daher grund­le­gend ange­passt wer­den müs­sen. Die Digi­ta­li­sie­rung wird Trei­ber aller Wei­ter­ent­wick­lun­gen sein. „Der SDD-Zug hat den Bahn­hof ver­las­sen“ sag­te er mit Blick auf die Not­wen­dig­keit, dass künf­tig Ent­schei­dun­gen noch schnel­ler getrof­fen wer­den müs­sen. Mit „Soft­ware Defi­ned Defence“ (SDD) seit ein neu­er Begriff kre­iert, der die­se gra­vie­ren­den Ver­än­de­run­gen ver­deut­li­chen soll und eine KI-unter­stütz­te Waf­fen­wir­kung mit ein­schlie­ßen muss.  

Der Bedarf — aus Sicht Dimen­si­on Luft
Der ers­te Infor­ma­ti­ons­block wid­me­te sich dem The­ma „Digi­ta­li­sie­rungs­platt­form Bun­des­wehr“. Mit Gene­ral­leut­nant Lutz Kohl­haus, Stell­ver­tre­ter des Inspek­teurs der Luft­waf­fe, stieg zum 1. Vor­trag gleich ein „Schwer­ge­wicht“ in  den Infor­ma­ti­ons­ring. Ihm ging es natur­ge­mäß um die Beschaf­fun­gen bei der TSK Luft­waf­fe. Zum Ein­stieg stellt er fest, dass durch die „bar­ba­ri­sche Kriegs­füh­rung gegen zivi­le Ein­rich­tun­gen“ im Ukrai­ne-Krieg ein Schock ent­stan­den ist, der unse­ren Blick wie­der auf die Vor­be­rei­tung auf einen Krieg gelenkt hat. Wie­der­holt sag­te er, dass ihn zu aller­erst die Beschaf­fun­gen und Ver­bes­se­run­gen inter­es­sie­ren, die inner­halb von 2 bis 4 Jah­ren ver­füg­bar sind. Ihm sei bewusst, dass die­ser Beschaf­fungs­zeit­rah­men bei Platt­for­men Uto­pie sei, aber rasche Ver­bes­se­run­gen bei den Füh­rungs­in­for­ma­ti­ons­sys­te­men sehr wohl mög­lich und auch not­wen­dig sind. Füh­rungs­fä­hig­keit muss bei der Wei­ter­ent­wick­lung das zen­tra­le The­ma der Zukunft sein. Da Per­so­nal, ins­be­son­de­re Fach­per­so­nal, ein begren­zen­der Fak­tor ist und blei­ben wird, muss die Aus­bil­dungs­zeit mini­miert wer­den. Das heißt im Umkehr­schluss, dass auch hoch­kom­ple­xe Sys­te­me ein­fa­cher in der Bedien­bar­keit wer­den müs­sen. Er strich her­aus, dass eine hohe Mobi­li­tät der Sys­te­me über­aus wich­tig ist und das Sys­tem der logis­ti­schen Unter­stüt­zung im soge­nann­ten „Reach Back“ unver­zicht­bar ist (damit ist die logis­ti­sche und fach­li­chen Abstüt­zung auf Fähig­kei­ten im Hei­mat­land gemeint — Anm. des Autors).

Die Bedarfs­de­ckung
Zum 2. Vor­trag tra­ten Herr Bri­ga­de­ge­ne­ral Micha­el Volk­mer (Kdr ZDigBw) und Herr Bri­ga­de­ge­ne­ral Dr. Vol­ker Pötsch (AbtLtr I BAAINBw) gemein­sam auf. Har­mo­nie von Bedarfs­trä­ger und Bedarfs­de­cker? Auf jeden Fall eine enge­re und ziel­ge­rich­te­te Zusam­men­ar­beit in der Beschaf­fung, ver­si­cher­ten bei­de. Als ers­te Maß­nah­me des CIR 2.0 stell­te Bri­ga­de­ge­ne­ral Volk­mer die Auf­stel­lung sei­ner neu­en Dienstel­le zum 01.10.2022 dar: das Zen­trum für Digi­ta­li­sie­rung der Bun­des­wehr (ZDigBw). Nach sei­ner Wahr­neh­mung sei mit den neu­en Struk­tu­ren die Zusam­men­ar­beit zwi­schen Bedarfs­trä­ger und Bedarfs­de­cker deut­lich ver­bes­sert wor­den. Die Beschleu­ni­gung in den Abläu­fen (Vor­ana­ly­se vier Wo; Ana­ly­se­pha­se 1 und 2 sechs Mon.) ist hier das über­ge­ord­ne­te Ziel. Nach Prü­fung aller Bedar­fe und der hier abge­schlos­se­nen Prio­ri­sie­rung erfolgt die Über­ga­be ans BAAINBw als Beschaf­fer. Für Bri­ga­de­ge­ne­ral Pötsch ist die Basis für eine erfolg­rei­che Beschaf­fung die Beschrei­bung kon­kre­ter Szena­re und eine ehr­li­che, lösungs­ori­en­tier­te Kom­mu­ni­ka­ti­on, auch mit der Indus­trie, um dar­aus belast­ba­re Beschaf­fungs­zu­sa­gen abzu­lei­ten. Es gilt, die IT-affi­nen Platt­for­men und Waf­fen­sys­te­me in einen wirk­sa­men Sys­tem­ver­bund zu inte­grie­ren und dabei die Sys­tem­häu­ser eng mit ein­zu­bin­den. Am Ende sind sich die bei­den Bri­ga­de­ge­ne­ra­le einig: wir wer­den bes­ser und schnel­ler.

Der Bei­trag der Indus­trie
Im 3. Vor­tag soll­te ein Ver­tre­ter der Indus­trie sei­ne Sicht zur Beschaf­fung dar­stel­len. Herr Wolf­gang Schnei­der (Seni­or Part­ner u. Ltr Situa­tio­nal Awa­re­ness, IBM) steck­te mit dem Blick auf die Lan­des- und Bünd­nis­ver­tei­di­gung den Rah­men für sei­ne Sicht­wei­se ab. Dabei leg­te er Wert auf die aus sei­ner Sicht not­wen­di­ge Luft­über­le­gen­heit und die Hoheit im Cyber- und Infor­ma­ti­ons­raum für eine erfolg­rei­che Ver­tei­di­gung. Die Fähig­keit zur ver­netz­ten Ope­ra­ti­ons­füh­rung ist dabei für den Ein­satz im Ver­bund der Waf­fen­sys­te­me evi­dent. Kri­tisch merk­te er an, dass sich bis heu­te aus sei­ner Sicht der „regu­la­ti­ve Rah­men“ seit der Zeit der Fusio­nie­rung von IT-AmtBw und BWB (Okt. 2012; Anm. des Autors) noch nicht geän­dert hät­ten. Die Digi­ta­li­sie­rung im Ver­bund den­ken, ist not­wen­dig. Es gibt im Prin­zip kei­ne Beschaf­fungs­vor­ha­ben mehr, wo nicht Digi­ta­li­sie­rung mit bedacht wer­den muss. Und dar­um muss die Indus­trie aus sei­ner Sicht schon früh in den Beschaf­fungs­pro­zess ein­ge­bun­den wer­den und mit­wir­ken dür­fen (recht­li­che Ein­schrän­kun­gen im Ver­ga­be­recht behin­dern dies teil­wei­se — Anm. des Autors). 

Im nach­fol­gen­den Panel mit den vier Vor­tra­gen begann der Mode­ra­tor, Herr Ron Simon (AFCEA Bonn e.V.) dann mit einem Zitat von Gene­ral­leut­nant Kohl­haus: „Schluss damit — mit 20 Jah­ren Beschaf­fung. Schluss damit — mit 20 Jah­ren Ent­wick­lung.“ Quint­essenz aus der Podi­ums­dis­kus­si­on war, dass Markt­ver­füg­bar­keit und Stan­dar­di­sie­rung wich­tig sei­en, aber auch Modu­la­ri­tät in allen Berei­chen erstre­bens­wert sei. Damit wur­de ein kla­res Votum gegen mono­li­thi­sche Sys­te­me doku­men­tiert. Das Ver­ga­be­recht muss agi­le­res Beschaf­fen ermög­li­chen, even­tu­ell kön­nen Rah­men­ver­trä­ge Teil der Lösung sein. In einer Fra­ge aus dem Ple­num wur­de die Aus­fall­si­cher­heit durch den Ein­satz ana­lo­ge Sys­te­me the­ma­ti­siert und auch die Idee, dass gro­ße Men­gen (z.B. beim Ein­satz von Droh­nen) einen Unter­schied machen könn­ten (quan­ti­ty mat­ter). 

Am Nach­mit­tag war im Block 2 die KI-Unter­stüt­zung in der zivil-mili­tä­ri­schen Zusam­men­ar­beit (ZMZ) das The­ma. Dabei soll­te dis­ku­tiert wer­den, wel­che unter­schied­li­chen For­de­run­gen an die IT in der Bun­des­wehr und auf der zivi­len Sei­te exis­tie­ren. Und es soll­te die Fra­ge beleuch­tet wer­den, wel­che Bei­trä­ge die Indus­trie — unter Anwen­dung der KI — heu­te zur Unter­stüt­zung der ZMZ lie­fern kann.

Die mili­tä­ri­sche Sicht
Im 4. Vor­trag des Tages stell­te Herr Oberst i.G. Armin Schaus (Kdr Mul­ti­na­tio­nal CIMIC Com­mand) zunächst die mili­tä­ri­sche Sicht auf die ZMZ dar. Er führ­te aus, dass häu­fig zu Beginn eines Kata­stro­phen­falls eine “Cha­os­la­ge” mit viel­fäl­ti­gen Bei­trä­gen zum Lage­bild aus den unter­schied­lichs­ten Quel­len eine Lage­fest­stel­lung erschwe­ren. Dar­aus fol­ge für ihn die Fra­ge, ob bei der Infor­ma­ti­ons­aus­wer­tung KI hilf­reich unter­stüt­zen kön­ne. Und ob auch die Bewer­tung und Fol­ge­rung durch KI geleis­tet wer­de kön­ne. Dabei kam er auf ein gemein­sa­mes mili­tä­risch-zivi­les Lage­bild zu spre­chen. Bei einem soge­nann­ten “Big Pic­tu­re Terr Hub” könn­ten Sicher­heits­be­trach­tun­gen durch­aus erschwe­rend wir­ken, da nicht alle zivi­len und mili­tä­ri­schen Play­er die glei­chen Rech­te beim Zugriff auf unter­schied­lich ein­ge­stuf­te Infor­ma­tio­nen hät­ten. Das kom­pli­zier­te, in sich ver­schach­tel­te Sys­tem aus den Berei­chen Bun­des­wehr, mul­ti­na­tio­na­le Streit­kräf­te, den Behör­den und Orga­ni­sa­tio­nen mit Sicher­heits­auf­ga­ben (BOS) und zivi­len Dienst­stel­len dürf­ten bei den unter­schied­li­chen Rech­ten und Rol­len der ver­schie­de­ner Nut­zer dabei die Nut­zung rele­van­ter Daten und einen bedie­ner­freund­li­chen Zugriff aber nicht behin­dern. Dar­über hin­aus sei eine intui­ti­ve Bedien­bar­keit eines “Ein­satz­tools” für das unbe­dingt not­wen­di­ge gemein­sa­me Lage­bild über­aus wich­tig.

Die zivi­le Sicht
Der zwei­te Nach­mit­tags­vor­trag von Herrn Giu­lio Gul­lot­ta (AbtLtr III, Bun­des­amt für Bevöl­ke­rungs­schutz und Kata­stro­phen­hil­fe) war über­aus kurz­wei­lig, aber auch sehr kri­tisch in der Bewer­tung mit dem IST-Zustand des Kata­stro­phen­schut­zes und der ZMZ. Die hier in der Ver­gan­gen­heit und auch heu­te genutz­ten Tools (deNIS II Plus, DaVis) wären bis­her aus sei­ner Sicht kei­ne Erfolgs­ge­schich­ten gewe­sen. Und er stell­te die Fra­ge, war­um die wich­ti­ge Teil­in­for­ma­ti­on “Lage­bild Bevöl­ke­rungs­ver­hal­ten” nicht aus der Fern­seh­be­richt­erstat­tung und den Infor­ma­tio­nen aus dem Radio hin­zu­ge­zo­gen wer­de könn­ten. Um der Daten­fül­le — dem Daten­bom­bar­de­ment, wie Herr Gulot­ta es aus­drück­te — Herr wer­den zu kön­nen, ist zum einen Kennt­nis­fül­le und zum ande­ren eine schnel­le­re und effek­ti­ve­re Aus­wer­tung und Bewer­tung aller rele­van­ter Daten erfor­der­lich. Inwie­weit der Ein­satz von KI hier hilf­reich sein könn­te, soll­te zumin­dest unter­sucht wer­den. 

Der Bei­trag der Indus­trie
Im 6. und letz­ten Fach­vor­trag des Tages hat Herr Frank Rudolf (Exe­cu­ti­ve Con­sul­tant, AI Expert, Fir­ma CGI) pro­dukt­un­ab­hän­gig dar­ge­stellt, wel­che Mög­lich­kei­ten durch AI (arti­fi­ci­al intel­li­gence) bzw. KI (deut­sche Abkür­zung — künst­li­che Intel­li­genz) mit der brei­ten Palet­te von Apps und Tools zur Erfas­sung und Aus­wer­tung, aber auch zur Wei­ter­lei­tung von Infor­ma­tio­nen an rele­van­te Stel­len ver­füg­bar sind. Zunächst stell­te er dar, wo wir uns bei der Nut­zung von KI heu­te befin­den. Wir nut­zen ent­spre­chen­de Sys­te­me schon län­ger bei der Unter­stüt­zung von vie­len Geschäfts­pro­zes­sen, z.B. beim der Aus­fül­len und Über­tra­gen von For­mu­la­ren. Aber die auto­ma­ti­sier­te Erfas­sung und Aus­wer­tung, z.B. von ein­fa­chen For­mu­la­ren oder Tex­ten, steckt aktu­ell noch in den Kin­der­schu­hen. Schließ­lich stell­te er fest, dass es wohl erst Ende der 2020er Jah­re eine KI mit Ent­schei­dungs­fä­hig­keit geben wird. Bis dahin aber wer­den ent­spre­chen­de Apps und Tools beim Erken­nen, Extra­hie­ren und den rei­nen Rechen­pro­zes­sen hel­fen kön­nen, um dem Men­schen bei der Ent­schei­dungs­fin­dung mit der Aus­wer­tung und Dar­stel­lung von Daten deut­lich schnel­ler und exak­ter zu unter­stüt­zen. Hier gilt es jetzt, die­je­ni­gen Apps und Tools aus­zu­wäh­len und im Anschluss zu “schu­len”, um ein bewer­te­tes Gesamt­bild einer Lage aus allen ver­füg­ba­ren Quel­len zu erstel­len. Das ist durch die Inte­gra­ti­on von AI in die vie­len ver­schie­de­nen Ser­vices zu leis­ten, um eine erhöh­te Wart­bar­keit und eine bes­se­re Ska­lier­bar­keit zu errei­chen und Mehr­fach­nut­zun­gen zu ermög­li­chen.

Die Vor­trä­ge, wie auch die anschlie­ßen­de durch Herrn Kevin Thie­le (Vor­stands­mit­glied der AFCEA)  gelei­te­te Panel­dis­kus­si­on zeig­ten, dass in der ZMZ doch noch eini­ges im Argen liegt und dass die Viel­falt, die Kom­ple­xi­tät und die Daten­fül­le eine rasche und wirk­sa­me Arbeit im Kata­stro­phen­fall auch heu­te noch stark behin­dert. Und dar­um ist sie noch deut­lich ver­bes­se­rungs­wür­dig. Ob AI bzw. KI dabei in der Zukunft hel­fen wird, hängt m.E. vor allem davon ab, ob es gelingt, über die Hür­den der unter­schied­li­chen Ein­stu­fun­gen von Infor­ma­tio­nen (Ver­trau­lich­keit, gesi­chert etc.) ein ver­läss­li­ches Lage­bild zu gene­rie­ren, auf des­sen Basis auch Ent­schei­dun­gen getrof­fen wer­den kön­nen. Die Nut­zung von AI bzw. KI steht noch deut­lich am Anfang, aber die sich anbah­nen­den Mög­lich­kei­ten sind über­aus viel­ver­spre­chend und könn­ten in die­sem nicht unpro­ble­ma­ti­schen Auf­ga­ben­be­reich einen Durch­bruch erzie­len.

Bild 3 — Die Rhein-Mosel-Hal­le ist nicht ganz gefüllt

Schließ­lich wech­sel­ten wir vom gro­ßen Vor­trags­saal in den “Inno­va­ti­ons­raum”, in dem jeder Besu­cher die drei selbst aus­ge­wähl­ten Sta­tio­nen mit den Pro­dukt­dar­stel­lun­gen besu­chen konn­te. Ich habe die Stän­de von Evi­den Ger­ma­ny GmbH, Info­das GmbH und Sys­te­ma­tic GmbH, die gemein­sam mit dem Pla­nungs­amt der Bun­des­wehr auf­trat, besucht. Ich möch­te an die­ser Stel­le aber nur über die Fir­ma Evi­den berich­ten, die auf ihrem Stand ein Sys­tem des “Tak­ti­schen Man­ned Unman­ned Team­ing” (Zusam­men­ar­beit von bemann­ten und unbe­mann­ten Sys­te­men) vor­stell­te. Dabei wer­den Auf­klä­rungs­droh­nen über eine spe­zi­el­le Midd­le­wa­re auto­ma­tisch und mit hoher Aus­fall­si­cher­heit zur Über­wa­chung eines Gefechts­strei­fens ein­ge­setzt. Das Sys­tem soll eine naht­lo­se Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen den Sol­da­ten und den Droh­nen ermög­li­chen. Die Ablö­sung oder auch Aus­fäl­le von Droh­nen wer­den auto­ma­tisch über eine “Schwarm-Soft­ware” rea­li­siert, ohne dass ein Mensch ein­ge­schal­tet wer­den muss. 

Zurück­ge­kehrt in den gro­ßen Vor­trags­saal hielt Herr Pro­fes­sor Dr. Dani­el Mem­mert von der Sport­hoch­schu­le Köln sei­nen “Out of the Box”-Vortrag und führ­te uns in die Welt der wis­sen­schaft­li­chen Erfor­schung der Fuß­balls ein. Dabei wird auch KI ein­ge­setzt, um Spie­le der Bun­des­li­ga zu ana­ly­sie­ren (z.B. Lauf­we­ge, Distan­zen etc.) bezüg­lich der Effek­ti­vi­tät bestimm­ter Maß­nah­men, um sieg­reich vom Platz zu gehen. Ins­ge­samt rund 300 Start-ups gäbe es im Sport­be­reich, die sich mit Daten­ana­ly­sen beschäf­ti­gen und damit Geld ver­die­nen. Die Aus­wer­tung von Fuß­ball­spie­len erge­be übri­gens, dass Ball­be­sitz und die Lauf­di­stan­zen von Ein­zel­spie­lern und Mann­schaf­ten eher uner­heb­lich für die Sieg-Chan­cen sind — erfolg­rei­ches Pres­sing dage­gen die Erfolgs­aus­sich­ten deut­lich ver­bes­ser­ten. Haben wir “Fuß­ball­ex­per­ten” das nicht alle längst gewusst? 

Dann folg­te die Ver­ga­be der Stu­di­en­prei­se, die die AFCEA Bonn e.V. seit vie­len Jah­ren mit attrak­ti­ven Geld­prei­sen (in die­sem Jahr 1. Preis 6000 €, zwei 2. Prei­se à 4000 € und drei 3. Prei­se à 2000 €) für her­aus­ra­gen­de Master‑, bzw. Diplom‑, oder Magis­ter­ar­bei­ten auf den Gebie­ten Ange­wand­ter Infor­ma­tik, Nach­rich­ten­tech­nik oder Auto­ma­ti­sie­rungs­tech­nik erstellt haben. Zum Abschluss eines lan­gen und infor­ma­ti­ven Tages konn­ten die Teil­neh­mer der Tagung dann beim soge­nann­ten “Koblen­zer Abend” bei Speis und Trank in den abend­li­chen Infor­ma­ti­ons­aus­tausch ein­tre­ten und sich über die Tagung und alle ande­ren The­men, die die Welt bewe­gen, aus­tau­schen. 

Auch neben den Vor­trä­gen der Ver­an­stal­tung gab es in den Pau­sen inter­es­san­te Gesprä­che, die nicht alle mit dem The­ma der Tagung zu tun hat­ten. In einer Kaf­fee­pau­se stand ich mit dem Gene­ral­leut­nant a.D. Kurt Herr­mann und einem Oberst­leut­nant a.D. (Name ist dem Autor bekannt) zusam­men. Im Rah­men des Gesprächs kamen wir schließ­lich auf die Russ­land-Poli­tik zu spre­chen. Der Gene­ral hat­te aus sei­ner Dienst­zeit einen NATO-Dienst­pos­ten in Mos­kau und zeich­ne­te über Russ­land ein sehr kla­res Bild einer Macht mit impe­ria­lis­ti­schen Zie­len. Er erläu­ter­te, dass für ihn bereits 2005 erkenn­bar gewe­sen sei, dass der rus­si­sche Prä­si­dent Putin irgend­wann mili­tä­ri­sche Mit­tel zur Durch­set­zung sei­ner Vor­stel­lun­gen zum Wie­der­erlan­gen einer Groß­macht­stel­lung ein­set­zen wür­de. Der Krieg in der Ukrai­ne, nicht der ers­te unter Putin, habe 2008 begon­nen und er sei noch lan­ge nicht zu Ende, so das Fazit des Gene­rals. Der Oberst­leut­nant a.D., der sich selbst als “Putin-Ver­ste­her” bezeich­ne­te, irri­tier­te mich deut­lich mit sei­ner Sicht, dass Russ­land durch die NATO auf­grund ihrer unauf­halt­sa­men “Ost-Erwei­te­run­gen” im Prin­zip aus Selbst­schutz­grün­den gezwun­gen wur­de, mili­tä­risch dage­gen vor­zu­ge­hen. Und das sein nun in der Ukrai­ne gesche­hen. Eine leb­haf­te Dis­kus­si­on ent­wi­ckel­te sich, kon­tro­vers aber freund­lich. Letzt­lich unbe­strit­ten von allen Teil­neh­mern der klei­nen Dis­kus­si­ons­run­de war die Tat­sa­che, dass Russ­land das Selbst­be­stim­mungs­recht der Ukrai­ne ver­letzt und sei­ne eige­ne Bestands­ga­ran­tie durch ihren Angriffs­krieg gegen die Ukrai­ne gebro­chen hat[1]

Ins­ge­samt hat die AFCEA Bonn e.V. wie­der ein inter­es­san­tes Pro­gramm zusam­men­ge­stellt, das die Besu­cher durch die Erwei­te­rung mit den 12 Vor­füh­run­gen und Pro­dukt­de­mons­tra­tio­nen eine prak­ti­sche Dimen­si­on zum “Anfas­sen” hin­zu­ge­fügt hat.

Oberst a.D. Peter War­ni­cke war in sei­ner letz­ten akti­ven Ver­wen­dung als Refe­rats­lei­ter im BAAINBw zustän­dig für Ent­wick­lung, Beschaf­fung und Nut­zung im Bereich von Netzen/Netzwerken und ist der­zeit Kas­sen­wart des Fm-Rings e.V..


[1] Die Ukrai­ne war bis 1994 eine Atom­macht. Ihre Nukle­ar­waf­fen hat sie im Rah­men des Bei­tritts zum Atom­waf­fen­sperr­ver­trag gegen Sicher­heits­ga­ran­tien auf­ge­ge­ben und an Russ­land über­ge­ben bzw. zer­stört. Das soge­nann­te Buda­pes­ter Memo­ran­dum wur­de am 5. Dezem­ber 1994 auf dem Gip­fel der Orga­ni­sa­ti­on für Sicher­heit und Zusam­men­ar­beit in Euro­pa (OSZE) unter­zeich­net. Dar­in sicher­ten die USA, Groß­bri­tan­ni­en und Russ­land der Regie­rung in Kiew unter ande­rem zu, die Unab­hän­gig­keit und “die exis­tie­ren­den Gren­zen” der Ukrai­ne zu respek­tie­ren.